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kifi14-indianerEin liebevoll zusammengestelltes Kinderfilmprogramm gibt es eine Woche lang beim 26. Internationalen Kinderfilmfestival zu sehen. Besonders sehenswert sind neben den aktuellen Filmen auch jene zum Thema Kinderrechte in der Retrospektive "Mein Platz in der Welt". Von Manfred Horak.

Woher komme ich, wohin gehe ich und wo gehöre ich dazu? Die Retrospektive beim Kinderfilmfestival 2014 beschäftigt sich mit dem Begriff Heimat und greift somit das Thema Integration auf, was freilich nichts mit der etwas hölzern-holprigen #stolzdrauf Kampagne der Bundesregierung zu tun hat, kifi14-ausreisserschließlich soll dabei ja nicht das Österreichbewusstsein gestärkt werden. Aus der Sicht von Kindern erfahren wir deren Alltagssituationen und Gedanken, ihre existenziellen Krisen und Probleme, die Suche nach einem Happy End.

Ohne diesen Film wäre die Nouvelle Vague nicht denkbar

Diese fünf Filme - der älteste ist aus dem Jahr 1953, der jüngste aus dem Jahr 2012 - sind sozusagen das Herz des Festivals. Fünf Filmperlen, die es (wieder) zu entdecken gilt, allen voran "Der kleine Ausreißer" (USA 1953; ab 7 Jahren). Es ist dies einer der ersten Filme, der durchgängig aus der Perspektive eines kleinen Kindes gedreht wurde, also ein echter Filmklassiker über den einer der maßgeblichen Begründer der Nouvelle Vague, Regisseur François Truffaut, meinte: "Ohne diesen Film wäre die Nouvelle Vague nicht denkbar." Eine Aussage, die nicht von ungefähr kommt, denn die Präsenz von Kindern ist in seinen Werken auffallend, in vier seiner Filme spielen Kinder sogar die Hauptrolle. Truffauts Engagement für Kinder ging  übrigens weit über das filmische Schaffen hinaus, so wurde Truffaut z.B. 1967 kifi14-axelPräsident des Stiftungsverbands der SOS-Kinderdörfer. Ein weiterer Film im Rahmen dieser feinen, kleinen, Retrospektive, den man sich unbedingt ansehen sollte, ist der großartige dänische Kinofilm "Nenn mich einfach Axel" (2002; ab 7 Jahren). Die Suche nach Identität in einer multikulturellen Gesellschaft steht dabei im Mittelpunkt, die Regisseurin Pia Bovin auf charmante wie witzige Art umzusetzen versteht. Axel möchte zum Islam konvertieren und Achmed heißen. Warum das so ist und welche Rolle dabei ein Musikwettbewerb, der Imam, das Goldkettchen von Axels Schwester, sowie ein Liebesgedicht ihres Freundes spielt, ist mehr als sehenswert.

Zur Adoption freigegeben

Ein Film für Erwachsene und für ihre Kinder ab 12 Jahren ist der 2012 mit dem UNICEF-Preis ausgezeichnete autobiografische Dokumentarfilm mit Animationssequenzen "Hautfarbe: Honig" vom Regisseuren-Team Jung und Laurent Boileau. Über 200.000 Kinder wurden in Südkorea nach dem Koreakrieg in Waisenhäuser abgeschoben. Jung war eines davon, das zur Adoption kifi14-honigfreigegeben und im Alter von fünf Jahren von einer belgischen Familie (herzlich) aufgenommen wurde. Obwohl sich auch die vier Kinder der Familie über den neuen Spielkameraden freuen merkt Jung, dass er anders ist. Seine inneren Konflikte überspielt er zunächst durch Streiche und Lügen, dann entdeckt Jung das Zeichnen für sich. Eine Leidenschaft, die ihm den nötigen Halt gibt. Basierend auf seiner gleichnamigen Graphic Novel, verarbeitet der Ko-Regisseur und Cartoonist Jung seine ganz persönliche Geschichte mit Herz und Humor, fern von Pathos und künstlicher Dramatik. Originalfragmente von Familienvideos und von Jung mitgestaltete Animationen rücken dabei Fragen über Herkunft, Zugehörigkeit, Integration und Mutterliebe in den Mittelpunkt dieses besonders wertvollen Films.

Seine eigene Identität kennen

Die meisten Kinder kommen aus dem Bauch ihrer Mutter. Ich kam aus einem Flugzeug. Der so denkt und spricht heißt Koos, ist acht Jahre jung und ein Adoptivkind. In Peru geboren wurde er als Baby von niederländischen Eltern adoptiert. Koos ist klein und dunkelhaarig, sein kifi14-houtman(adoptiv-)väterliches Vorbild Jaap hingegen ist groß und blond und im Gegensatz zum wasserscheuen Koos ein leidenschaftlicher Schwimmer. Blonde Haarsträhnen, die ihm seine Freundin Isa färbt, machen ihn auch nicht wirklich holländischer und so fragt er sich also wer er denn sei, als Koos vor einem Einkaufszentrum eine Gruppe peruanischer Musiker bemerkt, die ihm irgendwie ähnlich sehen. Ist er etwa auch ein Indianer und wie heißt er denn eigentlich tatsächlich? Die niederländische Regisseurin Ineke Houtman, die wir bereits bei einem früheren Wien-Besuch zum Interview trafen, inszenierte mit großem Einfühlungsvermögen die charmante Geschichte eines kleinen Jungen nach sich selbst. "Der Indianer" (2009) ist eine Geschichte, die stets aus der Perspektive von Koos erzählt. Das Thema Migration erhält so auf beinahe schon spielerisch-verschmitzte Art einen unbeschwerten und durchaus auch neuen Ansatz darüber kifi14-karlanachzudenken und gegebenenfalls darüber zu diskutieren. "Karlas Welt" (2008) wiederum ist ein dänischer Kinofilm, der zur Weihnachtszeit spielt und die alltäglichen Probleme einer Zehnjährigen aufgreift. Ihre Eltern sind geschieden, Karlas Mama hat bereits einen neuen Freund und Karlas Vater trinkt. Die Voraussetzungen ihre Eltern unter dem Weihnachtsbaum zu vereinen, sind also alles andere als einfach. Erschwerend hinzu kommen die zwei kleinen Brüder von Karla, die ganz schön nerven können. Existenzielle Probleme von Scheidung und Einsamkeit bis Erziehungsstress verpackt Regisseurin Charlotte Sachs Bostrup gekonnt als zärtlich-rührende wie humorvolle Weihnachtsgeschichte. Alle Filme sind zwischen 15. und 23.11.2014 in den Wiener Kinos Cine Center, Cinemagic in der Urania bzw. Votiv Kino in der Retrospektive "Mein Platz in der Welt" beim 26. Internationalen Kinderfilmfestival zu sehen. (Text: Manfred Horak; Fotos: Kinderfilmfestival, Manfred Horak)