Sommer-Lektüre für starke Nerven. "Die falsche Tote" von Daniel Scholten und "Mittwinterblut" von Mons Kallentoft bringen Kälte und Entsetzen, geheime Schwesternschaften und verdächtige Prominente ins Visier von Krimi-Fans.
Eine unbekannte Tote und eine geheime Schwesternschaft Den größten Boom in der Krimi-Beliebtheitsskala erlebt seit einigen Jahren die skandinavische Kriminalliteratur-Szene – völlig zu Recht, denn hier wurde im Sog von Henning Mankell und Liza Marklund in Schweden und Leena Lehtolainen in Finnland großartige Serien-Literatur geschaffen. Bei dem in Stockholm lebenden Autor Daniel Scholten heißt die Hauptfigur Kjell Cederström, ein Kommissar, der Kompetenz ausstrahlt und mit Geschick sein Team im konstruierten Fall von "Die falsche Tote" zu leiten weiß. Im Mittelpunkt des Romans steht die Tochter des schwedischen Justizkanzlers, die aus dem Fenster stürzt. Glaubt man zunächst, denn bei der Identifizierung durch den Vater stellt sich heraus, dass es eine Unbekannte ist. Tochter Josefine hingegen ist und bleibt verschwunden. So weit die Ausgangslage, wobei noch zusätzlich ins Spiel eine mysteriöse Schwesternschaft ins Spiel kommt, die Briefe mit Kurzzitaten von griechischen Dramen schreiben. Die Zusammenhänge bleiben dabei freilich lange im Unklaren, und irgendwie befriedigt schlussendlich die Auflösung nicht wirklich. Scholtens Stil ist ein kriminal-typischer, durchsetzt also mit vielen Dialogen und falschen Schlussfolgerungen - Liebe, Teamgeist, Freundschaft inklusive. Einiges wirkt dabei aufgesetzt, um außergewöhnlich zu wirken, nur leider verstrickt sich der Autor ins beliebig wirkende Durchschnittsfeld. Ein Roman für Zwischendurch. Immerhin. Die Liebe und der Tod sind Nachbarn Nur etwas weiter südlich von Stockholm liegt Linköping, jenes Städtchen, das zum Tatort des Romans "Mittwinterblut" von Mons Kallentoft wird. Lässt man den Prolog [und somit kommen wir zur Quizfrage: Woran erkennt man einen Kriminalroman? Richtig: Am Prolog; Anm.] mal beiseite beginnt der Krimi mit einem sehr guten ersten Satz, der da lautet: "Die Liebe und der Tod sind Nachbarn." Die Qualität des ersten Satzes ist glücklicherweise nicht der einzige gelungene Satz in diesem sehr skandinavischen Krimi rund um Kommissarin Malin Fors. Kalt ist es in Linköping. Saukalt. Mit gleich bleibenden Temperaturen von minus 35 Grad. "Wer kann eine solche Kälte mögen? Dieser Tag, denkt Malin, ist nicht für die Lebenden gemacht. Linköping ist wie gelähmt, die Straßen der Stadt liegen müde auf der Erde, und die beschlagenen Fenster haben die Häuser blind gemacht." Temperaturen und Widrigkeiten, die dennoch nicht davon abhalten, dass Kapitalverbrechen begangen werden. Und so geschieht es denn auch, dass auf einem abgelegenen Acker eine übel zugerichtete Leiche gefunden wird. Tod durch Erhängen. "Mittwinterblut" punktet durch eine sensible Erzählweise und einem spannenden Plot. Sensibilität und Spannung, die bis zum Ende des Romans anhält und für so manche Überraschungen sorgt. Der in Linköping geborene Autor zeichnet ein unheimliches Bild von seiner Heimat und von einer Gesellschaft, die nur an sich selbst interessiert ist. Diese Selbstzufriedenheit und Erstarrung ist fatal und ist leider nicht nur fiktive Romanwahrheit, sondern auch Alltagswirklichkeit. "Wohin diese Sache uns auch immer führt, sie funktioniert auf jeden Fall nach der abartigen Logik von Gefühlen, die einen Menschen dazu bringt, einen anderen zu foltern und ihn in einer gottverlassenen Gegend im tiefsten Frost nackt an einen Baum zu hängen, denkt Malin", schreibt Kallentoft. "Mittwinterblut" ist jedenfalls ein weiterer Beweis für die Stärke skandinavischer Krimiautoren. (Manfred Horak) Buch-Tipps: Mons Kallentoft – Mittwinterblut |
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