Manche Stücke oder Inszenierungen wirken bemüht und auf der Stelle tretend, obwohl sie Themen behandeln, die von allgemeinem Interesse sind und Aktualität in sich tragen. Bei "Splendour" im KosmosTheater, einer Koproduktion mit dem Bozener Theater im Hof, konnte sich Evelyn Blumenau dieses Eindrucks nicht erwehren. - Wo also liegt der Hund begraben?
Madame Ceausescu lässt grüßen
Das Programmheft, engagiert und informativ geschrieben, macht neugierig. "Splendour" erzählt von Gewalt und Chaos, von Konflikten und Bürgerkrieg, sei es nun in Nordirland oder auf dem Balkan. Der Plot des Stücks ist rasch erzählt. Vier Frauen befinden sich im Palais einer europäischen Metropole. Draußen tobt der Bürgerkrieg. Unbeeindruckt davon wird ein Fototermin mit dem Diktator vereinbart. Welcher jedoch nicht kommt. Anwesend sind die Gattin des Diktators, deren Freundin, eine Dolmetscherin und eine ausländische Kriegsfotografin. Sie trinken Chilli-Wodka und harren aus. Der Kampflärm nähert sich unerbittlich, die Fassaden zwischen den Frauen werden trotzdem aufrechterhalten.
Katastrophe im Loop
Eine seltsame kalte Stimmung beherrscht von Anfang an die Szenerie. Die Figuren wirken marionettenhaft, ihr Spiel wird beherrscht von einer Dramaturgie, die nicht chronologisch abläuft. In Form von sprachlichen Loops und immer wieder kehrenden Durchgängen dringen die Akteurinnen dabei in die Kernszenen des Stückes ein. Ein interessanter Ansatz, den Autorin Abi Morgan konsequent verfolgt. Die Schablonenhaftigkeit der Figuren verhindert jedoch eine Berührung, ein Berührt Werden. Es genügt nicht, eine fast Slapstick hafte Choreografie hinzustellen, die von der Exaktheit des Spiels der Akteurinnen abhängig ist. Warum wird soviel Rasanz, werden so viele Posen ins Spiel gebracht, wo mehr Tiefe angebracht wäre, um mit dem Anliegen des Stücks und den Akteurinnen in Beziehung zu treten? Unweigerlich drifte ich während des Zuschauens ab, da das Theatererlebnis an sich nicht packend ist, und gehe in Gedanken durch, wo und wie ich bereits Informationen zu ethnischen Konflikten, Grausamkeiten und Massakern bezogen habe.
Schockiert nicht schockiert zu sein
Dieses Abdriften auf die Informationsebene kann nicht nur an der Schwere und Fülle der Nachrichten liegen, die in den letzten Jahren zu diesen Thematiken auf uns alle eingeprasselt sind. Damit würde man es sich zu leicht machen. Die Slapstick hafte Inszenierung erscheint mir nicht gerade förderlich, einen sinnlichen Zugang zum Publikum zu schaffen. Auch die Schlussszene, in der Realitätsverlust und Größenwahn der Diktatorsgattin überzeugend dargestellt wird, kann diesen Eindruck nicht mehr revidieren. Das Stück kommt letzten Endes in seiner Ganzheit nicht recht vom Fleck. Dabei wären viele gute Zitate zu nennen, wie beispielsweise ein Satz aus dem Mund der Fotografin Kathryn: 'Wenn man in diese Länder kommt, in denen furchtbare Dinge passiert sind, Dinge, die ich nicht ansprechen kann, Dinge, die ich mir lieber nur durch die Linse ansehe, wenn man in diese Länder kommt, schockiert es einen, dass man so sehr schockiert ist, überhaupt nicht schockiert zu sein.' Schade, dass dieses sehr spannende Thema sich im theatralen Zusammenhang nicht wirklich erschließt. (Text: Evelyn Blumenau, Fotos: Bettina Frenzel)
Infos:
Splendour von Abi Morgan
Bewertung: @@@
Österreichische Erstaufführung
Italienisch-Österreichische Koproduktion von KosmosTheater (Wien) und Theater im Hof (Bozen)
Deutsch von Albert Lang und Christian Ruzicska
Regie: Tanya Denny
Ausstattung: Andrea Hölzl
Lichtdesign: Albert Haderer
Dramaturgie: Beate Sauer
Schauspiel: Barbara Gassner, Claudia Kottal, Elisabeth Prohaska, Wiltrud Schreiner
KosmosTheater, Siebensterngasse 42, 1070 Wien
jeweils MI bis SA , bis inklusive 1. 11. 2008
Beginn: 20:30 Uhr