manhattanblues-2423Freilufttheater bei Minusgraden - eine sportliche Herausforderung für Publikum und Schauspieler. Bei frostigen fünf Grad unter Null versammelte sich eine Schar Unerschrockener im Innenhof der Bäckerstraße Nr. 2 zum "Manhattan Blues" des Wiener Salon Theaters.

Eine nicht mehr ganz junge, elegante Frau wartet in Manhattan auf ein Taxi, das sie zum Flughafen bringen soll. Vorher möchte sie noch einmal auf ihrer Parkbank sitzen und Abschied nehmen. Doch die ist schon besetzt. Was ihr Anlass zu einem Resumée über ihr Leben gibt. Sie war beinahe der neue Stern am Burgtheater, der allerdings schon beim Vorsprechen mit Blutsturz von der Bühne stürzte und sich nach New York flüchtete. Zweite Karrierehoffnung: Broadway. Die Träume verblassen in der Realität des Emigrantenalltags, das Vorsprechen gelingt, doch vor der Premiere stürzen die Türme ein. Der Mann auf der Bank ist geduldig, weil tot, wie sich herausstellt. Als Stichwortgeber und Stimme der Vernunft darf gegen Ende der wahr gewordene Alptraum eines Straßenmusikanten im Faschingsmexikanerkostüm (Hubert Wolf) einspringen. Wenn sie zurückgeht nach Wien wird ihr ein Freund ein Stück auf den Leib schreiben, sagt die namenlose Schauspielerin. Tatsächlich ist der Text von Christoph Braendle stark biografisch geprägt. Stephanie Schmiderer (die Schauspielerin) ist erst vor kurzem nach Wien zurückgekehrt. Umso seltsamer, dass ihre Figur vage und aufgesetzt bleibt. Der undramatische Text, obwohl eigens für diesen Zweck verfasst, wurde von Sandra Schüddekopf einfallslos und schlampig inszeniert (ist die vierte Wand da oder nicht?). Das schöne Innenhofambiente allein kann über den matten Inhalt nicht hinwegtäuschen. Am Schluss sind die Gesichter nicht nur wegen der Kälte eingefroren. (Text: Christine Koblitz; Fotos: Sandra Schüddekopf)

manhattanblues1122Kurz-Infos:
Manhattan Blues
Ein Stück von Christoph Braendle
Bewertung: @@
Wiener Salon Theater
Bäckerstr. 2, Wien 1, im Hof und unterm Sternenhimmel
Spieldauer: ca. 65 Minuten
Kritik zur Aufführung am 28. 1. 2011

Mit: Stephanie Schmiderer, Hubert Wolf, Christiana Serafin de Ocampo und Gästen
Regie: Sandra Schüddekopf
Produktion: Fritz Niemann
Co-Produktion: Katharina Albrecht-Stadler
Licht: Robert Hirner
Regieassistenz: Katharina Kutil