Almschauspiel in Gastein Szene

Ein Zicklein macht sich über einen Strohsessel her. Das Publikum steht im Gemüseacker vor einem alten Stall. Der Schauplatz: die Gadaunerer Hochalm auf 1800 m.

Von Ziegen und Menschen

Tierische und menschliche Schauspieler/innen, ein Kind und zwei Tänzerinnen in Wanderschuhen bevölkern die Szene beim Almschauspiel in Gastein. Als Tanzboden dienen Gras und Stroh. Eine Videowall, raffiniert ans historische Gebäude montiert, zeigt Mensch und Tier in fröhlicher Eintracht. Stirn an Stirn, die lange Haarpracht der Tänzerinnen und das Fell der Tiere verschwimmen, ein Frauengesicht wandelt sich in "Herde und Stall" zum Antlitz einer Ziege.

Es meckern die Ziegen und es bimmeln die Kuhglocken

Regisseur Hubert Lepka/Lawine Torrèn adelt im Almschauspiel "Herde und Stall" die Schönheit und Gewalt der Natur zum Hauptact, während er die biblische Geschichte von Abraham und Isaak seziert. Eine Wissenschaftlerin - Sara - und ihr Ex-Mann Abraham erforschen Elemente der Erzählung des Alten Testaments, in der dieser seinen Sohn Isaak zur Opferung führt. Im Schlepptau das Publikum, über stolze 450 Höhenmeter geführt. Es geht um Regeln, Hierarchien, Glaube und Ratio. Es fallen Sätze wie "Das Alte Testament ist die Geschichte vom Sesshaft-Werden", "Die Größe des Opfers stiftet der sinnlosen Sache Sinn" und "Der Teufel argumentiert populistisch und humanistisch". Als natürliche Sound-Kulisse meckern Ziegen und bimmeln Kuhglocken.

Erde berühren, Ewigkeit greifen

Nach einem halbstündigen Vorspiel bei der Radlach-Almhütte, die nahe der bewirtschafteten Feldinghütte steht, zieht der Schauspiel-Trupp bergauf. Die Reise dauert rund vier Stunden, mit tragbarer Radio-Sendestation, einer Ziege und deren springfreudigem Zicklein. Kurzweilige Spiel-Stationen strukturieren den Aufstieg. Beim Gipfelkreuz am Breitfeldkogel lagert das Publikum inmitten einer Herde Pferde, berührt Erde und "greift Ewigkeit“" Gastein hingegen - als Sinnbild des Menschengemachten - sei vergänglich, ruft Abraham. Stück und Wanderung enden beim idyllischen Ecklgrubensee, wo sich ein Bächlein in der zauberhaften Landschaft schlängelt. Die gewagten, szenischen Sprünge und Figurenwechsel zwischen Historie und Gegenwart erschließen sich nicht vollends: Dennoch: Die Schönheit dieses Settings beim Almschauspiel in Gastein überwiegt. //

Text: Veronika Krenn
Fotos: Gastein