Pelzverkehr - das Festival für Tanz und Performance führte durch Klagenfurts Kulturstätten mit einem feinen Angebot, inklusive einem Tanzworkshop für Jung und Alt.
Der prall gefüllte Festivaltag begann bei vormittäglichem strahlendem Sonnenschein unweit des Klagenfurter Lindwurms, vor dem Rathaus am Neuen Platz. Dort hat sich schon vor einer kleinen Tribüne ein Grüppchen Tanzmutiger eingefunden, zu "Tanz in den Tag". Der Kärntner Tänzer Thales Weilinger führte niederschwellig die höchst heterogenen Interessierten durch den Tanz-Workshop mit kreisenden Armbewegungen, bis Stück für Stück auch die anderen Körperteile zur Mitwirkung eingeladen wurden. Am Ende der 50-minütigen Einheit tanzten die Teilnehmer/innen quer durch die Altersgruppen eine kleine, feine Schrittkombination. Die Stimmung war sichtbar gelöst, während mit rhythmischer Schrittfolge vor dem Rathaus Kreise gezogen wurden.
Nach diesem wohltuenden morgendlichen "Sich-in-den-Tag"-Strecken und Dehnen ging es weiter zum wohl kompaktesten Theater Klagenfurts: Das Jugendstiltheater gleicht auf den ersten Blick einer - zugegeben sehr schmucken - Toilettenanlage. Ein ebensolches sei das historische Gebäude in einer vergangenen Zeit auch gewesen, erzählte Festival-Leiterin Ingrid Türck-Chlapek. Genau zehn Plätze umfasst das kleine Theater und dort zeigte die Intendantin Ulrike Ottingers Film "Freak Orlando" in Kooperation mit dem Verein "VADA - zur Anregung des dramatischen Appetits". Dieser erzählt von fluiden Geschlechterkonstrukten und von Machtspielen und Grausamkeit im Umgang mit Menschen, die sich gängigen Normen entziehen.
Quer durch die Innenstadt zog das Publikum weiter zu den Klagenfurter Kammerlichtspielen wo "TanzRaumK" die Tanzperformance "Kill your darling" zeigte. Es handelt sich um eine Gruppe von Kärntner Tänzer/innen, deren Ziel es ist, einen eigenen Kärntner Tanzraum zu gründen. Sophia Hörmann, Leonie Humitsch, Anja Komanics und Thales Weilinger starteten jeweils mit Solos in die Performance, nach und nach stiegen die jeweils anderen mit in den choreografischen Ring. Spannend dabei ist, wie sich die Dynamik ändert, wenn aus den Solos Gruppenperformances werden und die einzelnen Performer/innen ihre unterschiedlichen Stile ins Gesamtbild einbringen.
Die Choreografin Asher O'Gorman arbeitet an der Schnittstelle zur bildenden Kunst und nützte die laufende Ausstellung im Raum für Fotografie für eine Performance, in der sie unter Einsatz ihres Körpers mit Farbe und Material arbeitet. Sie balancierte auf in Tinte getränkten Quadern, die sie auf weißen Blätter platziert hat und zurück bleiben färbige Formen, die sich verändern und ineinander laufen.
Zur einzigen Klagenfurter Blackbox, wie die Festivalleiterin sagte, ging es weiter in die theaterHALLE11, am Messegelände. Die italienische Choreografin und Tänzerin Irene Russolillo tanzte, gemeinsam mit ihren beiden kongenialen Performerinnen Alice Giuliani und Alice Raffaelli eine Performance zur pulsierenden elektronischen Musik von Spartaco Cortesi. Die drei Frauen agieren auf der Bühne wie von elektromagnetischen Spannungen dirigierte Wesen, deren Körperteile Eigenleben entwickeln. Diese ziehen jeweils den Rest der Materie in eine Richtung, die jedoch von Willkür diktiert scheint.
Tags drauf eröffnete das Festival Pelzverkehr mit Anna Wieser im Museum Moderner Kunst Kärnten "Im Wald mit Giselle", eine choreografische Führung in der Museumsausstellung "TOUCH WOOD", die interessante Blicke auf die Geschichte der künstlerischen Ausstellung mit dem Thema Wald warf. Die Ausstellung erzählt etwa vom verfälschten kolonialen Blick auf dem Urwald, während Anna Wieser unter den durch den Raum gespannten Bildern den Boden durchmaß. Die Momente, in denen die Tänzerin direkt Bezug zu den sie umgebenden Bilder nahm, hätten durchaus stärker sein können. //
Text: Veronika Krenn
Fotos: Hood, Studio Horst