New York: Einsame Straßen, verlassene Häuser und eingestürzte Brücken zeigen die verheerende Katastrophe, die eine Seuche mit sich brachte und beinahe die ganze Menschheit dahingerafft und in böse, nachtaktive Mutanten verwandelt hat. Nur einer stört die Ruhe in New York City bei Tageslicht: Robert Neville (Will Smith), der scheinbar einzig Überlebende.
Zusammen mit seinem treuen Freund, einem Schäferhund, düst er mit seinem roten Sportwagen und seinem Gewehr durch die leeren Straßen. Er verfolgt eine Horde Rehe, die er sich zum Essen schießen will. Weidmanns Heil! Doch leider kommt ihm eine computeranimierte Löwenfamilie zuvor und schnappt ihm seine Beute weg – oh Schrecken der untergegangenen Zivilisation! Schon in den ersten Minuten wird klar, dass man es hier mit einem ausgewachsenen Helden zu tun hat, einem einsamen, aber sympathischen Typ, der alleine die trostlosen Tage auf der Erde fristen muss, während abends die vampirartigen Wesen die Stadt beherrschen. Zum Glück ist Neville ein herausragender Wissenschaftler und versucht mittels seiner eigenen Immunität nach einem Heilmittel gegen die Seuche zu forschen und somit das Überleben der Menschheit zu sichern.
Während die Vorlage ein düster apokalyptisches und fein psychologisches Bild zeichnet, kommt die Verfilmung sehr lässig daher.
I Am Legend von Francis Lawrence hat in der nicht enden wollenden Serie von Science-Fiction-Horror-Machwerken einen fruchtbaren Nährboden gefunden. Der Regisseur, der sich bisher hauptsächlich mit Musikvideos für diverse US-Pop-Sternchen hervorgetan hat, hat sich mit der Literaturvorlage von Richard Matheson als Dritter im Versuch einer Verfilmung des Stoffes geübt. Leider ist von Mathesons Grundstimmung seines gleichnamigen Romans nicht allzu viel übrig geblieben. Während die Vorlage ein düster apokalyptisches und fein psychologisches Bild zeichnet, kommt die Verfilmung sehr lässig daher. Innere Konflikte werden durch legeres Unterhaltungskino ersetzt: Matheson schuf mit Neville eine Figur, die sich am Ende selbst als legendäres Wesen begreift, das in eine neue Ordnung einbricht und diese stört. Bei Lawrence hingegen stählt der depressive Held seine Muskeln mit Klimmzügen und hält sich zusammen mit seinem Hund durch Training am Laufband fit. Irgendwo im Hintergrund hängt ein Van Gogh Bild, das Neville aus dem Museum gerettet hat. Der zerrissene Charakter der Hauptfigur wird humoristisch aufgepeppt: Hörte er im Roman noch eine klassische Platte nach der anderen, ist im ganzen Film hindurch immer wieder Bob Marleys "Three little Birds" zu hören, und Will Smith kann sich auch eine Anspielung auf "I shot the Sheriff" nicht verbeißen.
Ein weiterer Beweis dafür, dass jedes Publikum das bekommt, was es verdient
Auch der Plot wird drastisch reduziert und abgeschwächt; übrig bleibt der Kampf zwischen dem kecken Wissenschaftler Neville und den bösen Monstern, die die Menschheit auslöschen wollen. Der einsame Witwer bekommt ein paar zusätzliche Figuren zur Seite gestellt, und nebenbei wird noch ein reaktionärer Glaubenskonflikt abgehandelt. So muss der liebe Gott persönlich für Erklärungen auf Fragen herhalten, auf die die Drehbuchautoren Mark Protosevich und Akiva Goldsman anscheinend selbst keine Antworten kannten. Als die überlebende Anna (Alice Braga) Neville von einer Menschenkolonie erzählt, zu der sie sich flüchten will, fragt dieser, woher sie davon wisse. Ihre Erklärung "Because God told me", ist ein weiterer Beweis dafür, dass jedes Publikum das bekommt, was es verdient. Zwischendurch soll uns dann doch noch die tragische Psyche des mit Schaufensterpuppen sprechenden Neville vor Augen geführt werden, was letztendlich aber am so gar nicht dramatischen Schauspieler scheitert. Auch Alice Braga versagt durch Unscheinbarkeit und nervöse Pose.
Light up the darkness
Die Überbleibsel der geringen Ausnutzung dessen, was die Vorlage alles geboten hätte, werden durch das Ende zur Gänze zerstört: Neben den schlechten und vielleicht auch unnötiger Weise eingesetzten Animationen von Mutanten und Tieren wird die zuvor elegische Kamera durch hektische Einstellungen abgelöst. Im finalen Angriff der Mutanten auf Nevilles Haus spitzt sich die Heldenstory auf unerträgliche Weise zu und endet mit den entsetzlichen Worten: "This is his legend. Light up the darkness." //
Text: Julia Zarbach
Fotos: © 2007 Warner Bros. Ent.
Filminfos:
I Am Legend
Bewertung: @@
Regie: Francis Lawrence
Darsteller: Will Smith, Alice Braga, Dash Mihok, Charlie Tahan, Salli Richardson
Verleih in Österreich: Warner Brothers (2007)
Kinostart: 10. Jänner 2008