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...über das europäische Bürgertum. 
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Wie im Himmel

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Französisch für Anfänger

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Casomai - Trauen wir uns?!

Kinofilme sind unsere modernen Märchen. Sie behandeln gerne die großen Themen wie die wahre Liebe, die gefunden und gelebt werden will, Glaubenskriege zwischen „den ewig Guten“ und „den ewig Bösen“, großartige Naturereignisse, oder tiefe persönliche Identitätskrisen. Daher fallen drei kleinere europäische Produktionen aus den letzten Jahren auf: der schwedische Film „Wie im Himmel“, die deutsch-französische Koproduktion „Französisch für Anfänger“, und „Casomai – Trauen wir uns?!“ aus Italien.

Alles ist erlaubt, solange es sich lohnt

Qualitativ sind die Filme definitiv nicht vergleichbar – „Wie im Himmel“ ist ein wunderschöner, berührender Kinofilm, der schon seit Oktober 2005 durchgehend in den Kinos läuft! „Französisch für Anfän ger“ ist eine nett gemachte Sommerkomödie 2006 für Jugendliche, und „Casomai – Trauen wir uns?!“ ein nicht wirklich gelungener Film aus dem Jahr 2002, der einige Preise gewonnen hat, wegen seiner aktuellen Story: wie sehr beeinflusst unser Freundeskreis und unsere unmittelbare gesellschaftliche Umgebung unser persönliches Glück? Ist eine romantische Partnerschaft innerhalb der ‚fortschrittlichen’ westlichen Gesellschaft noch möglich, bzw. überhaupt gewünscht!? Sprechen die momentanen rein marktwirtschaftlichen Gesetze - nach dem Motto: alles ist erlaubt, solange es sich lohnt! – nicht sogar ganz offiziell gegen ‚traute’ Zweisamkeit und sogar gegen Kinder?!

Europäische Identitätssuche

Was passiert, wenn der Franzose und der Deutsche, der Schwede und der Italiener seine natürlichen Werte, den Ursprung seiner kleinfamiliären Traditionen nicht mehr kennt?!
In allen drei Filmen erhoffen sich die Akteure, dass sie in ihrer Herkunft, und zwar außerhalb ihrer eigenen Familie, etwas entdecken können, was ihnen hilft glücklich zu werden. Etwas Vertrautes, das hält, das bleibt, weil man es wieder erkennt und sich zugehörig fühlt.
Es werden die Verhaltensweisen von den hellhäutigen, kultivierten, christlichen Europäern beleuchtet - ganz ohne fremden Einfluss – ohne die Konfrontation mit anderen Kulturen und Religionen. Es geht um unausgesprochene Glaubenssätze, um gelernte Spielregeln einer bisher funktionierenden Gemeinschaft und die persönlichen Schwierigkeiten damit – auch wenn das sicher dem jungen Filmemacher, Christian Ditter, nicht bewusst war.

Wie im Himmel – ein Lauffeuer – seit 2005 im Kino

wie_im_himmel_plakatEin weltweit erfolgreicher Dirigent, euphorisch Michael Nyqvist, verlässt am Höhepunkt seiner Karriere die glamouröse Szenerie der klassischen Hochkultur, und kehrt in seinen Geburtsort zurück, nach Schwewie_im_himmel1den – in ein Dorf im Niemandsland. Erinnerungen an die qualvolle Kindheit eines hochsensiblen Jungen kommen hoch - an seine ersten Begegnungen mit der Macht der physisch Stärkeren. Damals ist er der Brutalität des einfachen Landlebens ausgewichen. Er konnte Kraft seiner Begabung das Land verlassen, und wurde ein anerkanntes Musikgenie.
Jetzt beginnt er den Kampf noch einmal von vorne. Er möchte sichwie_im_himmel3 und seine feinsinnige Lebensweise durchsetzen: und zwar zu hause, gemeinsam mit den Menschen, die er von Kindesbeinen an kennt, in der Umgebung, in die er geboren wurde.
Durch seine Arbeit als Leiter des Kirchenchors, bringt er nach und nach die alte Dorfstruktur durcheinander. Es findet ein Austausch statt, zwischen seinem ehrgeizigen Wissen über Sensibilität als die Quelle von Qualität, und den ursprünglichen Bedürfnissen der einfachen Dorfbewohner, zum Beispiel: nach einer Pause!

Kay Pollak zeigt in seinem neusten Film - nachdem er 18 Jahre pausiert hat – wie sich durch die Kraft der Sensibilisierung auf allen Seiten verkrusteten Automatismen in den Beziehungsstrukturen auflösen, da sie hauptsächlich auf Angst und Sicherheit aufgebaut waren. Was entsteht ist der Mut zur Unberechenbarkeit, die Neues entwickelt, da sie auf gegenseitigen Respekt und Vertrauen aufgebaut ist.
„Wie im Himmel“ wurde 2005 für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert und läuft noch immer in den Kinos!

Französisch für Anfänger – eine Klassenfahrt – Sommer 2006 gestartet

franz_plakatSelbst wenn der Jugendfilm „Französisch für Anfänger“ humorvoll das gegenseitige Unverständnis von Franzosen und Deutschen hervorhebt, bleibt er konsequent innerhalb der rein bürgerlichen, gut situierten Schicht. Märchenhaft, romantisch, harmlos. Da wo keine andere Sorge quält, als: sie liebt mich, oder sie liebt mich nicht, bzw. liebt er mich wirklich, oder liebt er mich nicht? Thematisierte Klischees sind zum franz_szenenbild_02Beispiel:
für Deutsche ist wahre Liebe tief und treu, und man ist natürlich nicht stolz auf sein Land. Franzosen sind natürlich stolz auf ihr Land, und ihre wahre Liebe gilt dem sinnlichen Genuss im Augenblick.
All das wird glaubwürdig von den jugendlichen Darstellern gespielt und vorgelebt. Sie tun, was sie kennen.

Da, wo Michael Haneke in „Caché“ (hier geht es mit einem franz_szenenbild_14Klick zum Filmbericht) die Altlasten des ‚Bürgertums’, die angesammelte Schuld an den kulturell Anderen, an der abgewerteten Bevölkerung ans Licht holt, erleben wir hier die Kinder dieser Gesellschaft ganz unter sich. Ihre unschuldigen jugendlichen Reibungen in den eigenen Reihen. Man sucht und leidet, und wünscht und zweifelt ungestört an sich selbst. Einen Urlaub lang. Wie im Märchen – denn jeder Film ist ein Märchen, auch wenn er realistisch sein könnte.
Sehenswert macht diesen Jugendfilm von Christian Ditter, weil er charmant gemacht ist, und weil casomai_plakatman sich daran erinnern kann, was einem ‚grenzüberschreitend’ erscheint, nur weil man durch die Erfahrungen der eigenen kindlichen Herkunft so begrenzt ist.

Casomai – eine Hochzeit – von 2002 jetzt im Kino

Ein italienisches Pärchen, heterosexuell, beruflich erfolgreich, möchte heiraten – kirchlich! und Kinder bekommen. Damit brechen sie so zirka jedes Tabu ihres ‚schicken’ Freundeskreises. Keiner von beiden möchte auf seine Karriere verzichten, für niemanden soll sich etwas ändern. Auch wenn alles anders werden wird.
Sie wählen für ihre Trauung eine kleine versteckte Kapelle auf dem Land, um dcasomai2iesem altmodischen Akt wenigstens durch den speziellen Ort eine besondere Note zu verleihen. Der Dorfpfarrer erklärt sich bereit das Stadtpaar zu vermählen, lässt aber schon ahnen, dass er tatsächlich vor hat, eine außergewöhnliche Hochzeit zu gestalten. Und so kommt es immer wieder zu überraschenden Wendungen, in den eher etwas langatmigen 2 Stunden.
Zuviel darf man nicht verraten, sonst geht das einzig Interessante an dem Film verloren: seine Erzählung.

Der Filmemacher, Alessandro D´Alatri, ein erfahrener Werbefilmer, kennt seine Branche. So entsteht ein authentischer Einblick in die Szenerie der jungdynamischen Mitte 30 Jährigen. Leider nutzt er zu viele werbetaugliche Bildspielereien, anstatt der menschlichen Emotionalität seiner Darsteller zcasomai1u vertrauen. Doch die Argumentationen, sowohl für, wie auch gegen eine christliche Lebensentscheidung „Ja, ich will.“ in unserer heutigen Gesellschaft, scheinen ein brisantes Thema zu sein. Daher kommt der Film nach 4 Jahren, und nachdem er bereits im Fernsehen ausgestrahlt wurde, in die österreichischen Kinos.

Es scheinen sich wohl auch österreichische Paare zu fragen: wie können wir mit unserer Romantik in der Realität überleben - inklusive der Freiheit, für die wir gekämpft haben, und trotz der unbegrenzten Möglichkeiten, die uns der technische Fortschritt bietet?! (Stephanie Lang)