The Apprentice Kinofilm

Ali Abbasi bespielt mit The Apprentice die Anfänge einer Ikone in der Welt der Yuppies, scheitert aber ähnlich wie Donald Trump an der Rolle der Wahrheit.

"The Apprentice" Einfluss: Back to the Yuppies

The Apprentice Trump Story KinofilmDie "young urban professionals", kurz Yuppies, hatten ihre Hochzeit in den 1980er- und 1990er-Jahren und sind vielen von uns zumindest nach deren Beschreibung ein Begriff: Maßgeschneiderter Anzug, hochwertige Accessoires, gepflegtes Aussehen und der Fokus ganz auf der Karriere. Eine von außen betrachtet schnöselige, von Materialismus und Erfolgsstreben gekennzeichnete Blase. Inmitten dieser Blase entspringen die Anfänge des vorherigen und erneut kandidierenden Präsidenten der USA: Donald Trump, eine Ikone der Yuppie-Szene. Geboren als Sohn des Immobilienunternehmers und Multimillionärs Fred C. Trump, ist der Republikaner der Türöffner für die damalige Blütezeit der Yuppies in New York. Genau diesen Schlüssels hat sich Regisseur Ali Abbasi bedient, um das Publikum in diese Zeit zu entführen. Eine Zeit der Oberflächlichkeit und des Verlangens nach Erfolg, erzählt unter dem Deckmantel einer Origin-Geschichte. Ein eigentlich simples Rezept für einen spannenden Film, der jedoch am Vergleich mit der Ambivalenz und Strahlkraft von "American Psycho" (2000), die filmische Adaption des gleichnamigen Romans von Bret Easton Ellis, scheitert. Der damals heiß diskutierte Film von Mary Harron, in der Hauptrolle mit dem späteren Batman-Darsteller Christian Bale, stellt das Drama rund um den MAGA-Testimonial in jeglicher Weise in den Schatten. Den erstaunlichen Interpretations-Spielraum, den "American Psycho" bietet und im Rahmen des gekonnten Genre-Mix präsentiert, kann "The Apprentice" nicht bieten. Beide Filme vertiefen sich in die Welt der Yuppies, unterscheiden sich aber in deren künstlerischen Anspruch. Während "American Psycho" in jeder Szene derart viele Ebenen für Interpretation öffnet, fokussiert sich Ali Abbasi zu sehr auf das Charisma von Donald Trump und dessen Wiedererkennungswert. Er zeichnet die Welt lebendig, glaubhaft und nachvollziehbar, lässt dem Publikum aber kaum Raum zum Entdecken. "American Psycho" hält einer kompletten Gruppe an Menschen den Spiegel vor, während "The Apprentice" den Protagonisten nur mit der Kamera verfolgt. 

Story: The Yuppie of Wall Street

Ali Abbasi widmet sich zusammen mit dem Drehbuchautor Gabriel Sherman genau der Phase, die Trump zur späteren Ikone der Yuppie-Bewegung werden ließ. Die Zeit in den 1970er Jahren, sein Eintauchen in die skrupellose Welt der Oberschicht New Yorks und dem Aufkeimen seiner heute präsenten Persona. Ein Aspekt scheint sowohl im Film als auch in der Planung des Drehbuchs besonders hervor: Es geht weniger um das Erschaffen einer Biografie, sondern vielmehr um die Visualisierung der Beziehung zwischen Donald Trump und Roy Cohn. Es ist der einflussreiche Anwalt, der Mann für alle Fälle, der als Lehrmeister den gefügigen Millionärssohn in die Hinterzimmer skrupelloser Politik einführt. Der preisgekrönte iranisch-dänische Filmemacher versucht in 123 Minuten eine Star Wars-eske Mentor und Schützlings-Story zu erzählen, die in gewisser Weise den Trump von heute einleitet. Ein Unterfangen, das nur in gewissen Zügen gelingt. Zwar spielt die Beziehung von Cohn und Trump eine tragenden Rolle, ist sie doch der Auslöser der gesamten Geschichte, fühlt sich aber trotzdem sehr generisch an. Ein junger Schützling, der sich dank der Regeln des Mentors in der skrupellosen Welt behaupten kann, nur um diese Regeln schlussendlich gegen ihn zu verwenden. Der Aufstieg eines Auserwählten, der den Mentor stürzt. Zudem lässt Ali Abbasi keinerlei Raum für eigene Erkenntnisse zu. Alle Vorgänge, Pläne und Aktionen sind wie sie sind. Es ist eine wahre Geschichte. Das ist gerade bei einer derart interessanten Figur wie Donald Trump eine vertane Chance. Einem Mann, der mit der Lüge und Wahrheit regelrecht Ping Pong spielt, fehlt es an Ambivalenz.

Performances: Good Jeremy Strong

The Apprentice Kinofilm Donald Trump Biopic Filmladen"The Apprentice" oder mit dem deutschen Zusatz "The Trump Story", ist kein schlechter Film. Abgesehen von der formelhaften Umsetzung und dem Fehlen von Interpretationsmöglichkeiten hat Ali Abbasi ein Ass im Ärmel: Die Performances. Wenn es etwas gibt, das einen nach dem Film noch beschäftigt, ist es das Schauspiel. In allererster Linie gilt es hier Sebastian Stan hervorzuheben, der es geschafft hat, dass der Film nicht wie ein "Saturday Night Live" (SNL) Sketch aussieht. Eine derartige Karikatur-Figur wie Donald Trump nicht in das Absurde und Überzeichnete abdriften zu lassen, ist eine Kunst für sich. Im Zusammenspiel mit dem Make-Up, welches absichtlich dezent und wenig plastisch gehalten wurde, bringt Stan die Skrupellosigkeit, aber auch Naivität des jungen Trump gekonnt auf die Leinwand. Er spielt den jungen Immobilien-Hai größtenteils ungewohnt ruhig, lässt aber immer wieder heute bekannte Nuancen durchblicken. Irgendwo in diesem jungen Mann steckt der heutige Politiker Trump, und dank dem Schauspiel scheint dieser immer wieder hindurch. Jedoch stiehlt ihm ein anderer Kollege die Show: Jeremy Strong. Der heutzutage hauptsächlich durch die Fernsehserie "Succession" (2018–2023) bekannte Schauspieler glänzt mindestens genauso stark wie das Plakat des Films. Er ist definitiv der "Scene-Stealer". Strong bringt ein beeindruckendes Charisma auf die Leinwand und zieht uns ähnlich wie den aufstrebenden Donald Trump in seinen Bann. Er spielt diesen rücksichtslosen, vor nichts Halt machenden Manipulator derart gut, dass er nicht nur die Story auslöst, sondern auch den Film trägt. Die gesamte Darstellung, die Gestik, Mimik und insbesondere seine Stimme bleiben im Gedächtnis. Alle anderen Schauspieler und Schauspielerinnen sind ebenfalls bestens besetzt und verdichten die ohnehin schon tolle Illusion des New Yorks der 1970er Jahre.

Look & Feel: The 70s strike back

The Apprentice Trump Story Filmladen FilmstillIn Sachen Kamera-Arbeit und dem Look & Feel des Films wurde auf so unterschiedliche Art und Weise getrickst und gemogelt, dass das allein eine Andacht an Donald Trump und seine Beziehung zu Roy Cohn darstellt. Die Arbeit mit langen Objektiven mit geringer Schärfentiefe, das gekonnte Verdecken von modernen Fahrzeugen und der Einsatz von eigens kreierten LUTs [lookup table: eine Art Filter, den Filmemacher verwenden, um die Farben eines Films zu verändern oder zu verbessern; Anm.] hat sich gelohnt. Zusammen mit dem Make-Up und den Kostümen sieht beinahe der gesamte Film so aus, als käme er aus einem Archiv der 1970er Jahre. Laut Ali Abbasi war es wichtig, dass "es kein Film ist, in dem die Leute die ganze Zeit gut aussehen sollen". Die Produktion hat sich dementsprechend an Bildern aus der damaligen Zeit orientiert, ungesunde Hauttöne, seltsame Zähne und generell visuelle Imperfektionen bewusst eingesetzt. Der einzige Wermuts-Tropfen im Bereich Look sind teils die angeführten LUTs. An manchen Stellen ist das Color Grading zu stark, der Filter zu künstlich und aufgesetzt. Das tut der gesamtheitlichen Immersion jedoch keinen Abbruch. Die visuelle Strahlkraft und die durch die Bank großartigen Performances machen "The Apprentice" zu einem handwerklich guten Film. 

Interpretation: Rogue One: A Trump Story

Diesen Film umgibt eine explizite Frage: Ist er kontrovers? Im Angesicht der Tatsache, dass es sich hier um ein episodisches Biopic von Donald Trump handelt: Nein. Im Großen und Ganzen ist es eine seichte Version des oft rezitierten "American Psycho". Eine visuelle Einladung in die 1970er Jahre, ein schauspielerisches Fest und eine oberflächliche Behandlung der Yuppie-Kultur. Ali Abbasi hat mit "The Apprentice" im Kopf bleibende Bilder geschaffen, jedoch keine eigene mit Nachwirkung ausgestattete Kunst erreicht. Die Machenschaften von Donald Trump, seine Beziehung zu Roy Cohn und sein Aufstieg zum allseits bekannten Immobilien-Tycoon sprechen alle wahrhaftig für sich. Natürlich enthält der Film pikante Szenen, spiegelt die Skrupellosigkeit von Cohn und Trump wider und ermöglicht dem Publikum einen Blick in Trumps Vergangenheit. Allerdings wäre mehr Spiel mit der Realität und mehr Mut zur Abkehr der formelhaften Origin-Story nötig gewesen, um den Film nachhaltig interessant zu machen. Stand jetzt ist es eine zeitlich passende Geschichte über einen der bekanntesten Menschen der Welt, die in dessen Vergangenheit gräbt, aber nichts Neues ans Tageslicht befördert. // 

Text: Tobias Schwaiger
Fotos: Filmladen / Pief Weyman / © APPRENTICE PRODUCTIONS ONTARIO INC., PROFILE PRODUCTIONS 2 APS, TAILORED FILMS LTD.
Plakat: © DCM

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