Mit "Slowfood" ist nicht nur gemeint, dass die Lebensmittel gut, sauber und fair produziert werden. Vielmehr richtet sich die von Carlo Petrini bereits 1986 gegründete Bewegung allgemein gegen das "fast life", den temporeichen Lebensstil unserer Tage. Betrachtet man dazu die Philosophie hinter dem Weingut Zwickelstorfer, so wird klar, dass Slowfood hier am richtigen Platz ist. Im traditionsreichen Familienbetrieb wird Weinbau in ursprünglicher Form betrieben. Weine werden demnach nicht gemacht, sondern entstehen in der Natur, direkt am Weinstock. Die Kombination beider Ideen ist nicht nur theoretisch eine gelungene, auch in der Praxis funktioniert das am Weingut Zwickelstorfer hervorragend.
Treffpunkt für ein interessiertes Publikum Wenn man - nach aufgrund mangelnder Werbung mühsamer Suche - den kleinen Hof des Familienbetriebes betritt, taucht man in eine fast private Atmosphäre ein. Was auf den ersten Blick wie ein klassischer Heuriger erscheint, ist Treffpunkt für ein interessiertes Publikum. Die spärliche Zahl an Gästen erlaubt dem sehr bemühten Service, die Gäste nicht nur mit ehrlichen Produkten von aufrichtigen Produzenten zu verköstigen, sondern darüber hinaus freundliche Beratung zu bieten. Vor zwei Jahren begann man hier, mit "Slowfood" zu kooperieren und offenbar konnte man sich innerhalb dieser Zeit auf dem Gebiet etablieren. Quittenchutney, Rindfleischsülzchen und Bio-Käse Neben einer großen Auswahl an Weinen finden sich auf der Karte allerlei Köstlichkeiten gegen den kleinen oder auch großen Hunger, die punkto Produktwahl und Zubereitung ganz im Zeichen von "Slowfood" stehen. So etwa der Bio-Käseteller mit Paprika-Chili-Chutney (6,50 €), bestehend aus vier Hartkäsesorten und einem Weichkäse, die allesamt mit nuanciertem Aroma und guter Konsistenz überzeugen konnten. Das Paprika-Chili-Chutney hingegen war von einer fast künstlichen Süße, die den Geschmack der Chili leider übertönte, sodass nur die Schärfe blieb. Das ebenfalls zum Käse gereichte Quittenchutney wiederum überzeugte durch solide Beschaffenheit und bot speziell zum mit Nüssen verfeinerten Weichkäse eine gute Ergänzung. Interessantes versprach auch das Rindfleischsülzchen auf Gartengemüse mit Kernöl (6,50 €). Der Zusatz "mit Kernöl" ist hier durchaus exklusiv zu verstehen, bedeutete es doch, dass das Sülzchen dafür ohne Essig serviert wurde. Das mürbe Rindfleisch und die bissfesten Karottenstücken des Sülzchens, die durch das exzellente Kernöl gut ergänzt wurden, trösteten über das Fehlen des Essigs zwar hinweg, als geschmacklicher Ausgleich hätte er dennoch nicht geschadet. Die Garnitur, bestehend aus Tomaten, Zwiebeln, Paprika und hartem Ei war ebenso klassisch wie gut gewählt. Traubensaft mit Olivenöl Auch die Weinkarte hielt, was sie versprach; die Auswahl an Sorten war durchaus beeindruckend. Interessant war auch das Angebot an Sekt, etwa jener aus Bläufränkischtrauben. Das beste Getränk kam aber zum Schluss. Als Aufmerksamkeit des Hauses bekam jeder Gast ein Stamperl frisch gepressten Traubensaftes mit zwei Tropfen Olivenöl. Das war nicht nur äußerst erfrischend, ja belebend, sondern ein Geschmackserlebnis der besonderen Art. Der Saft der frisch gepressten Trauben erinnerte in seiner geschmacklichen Intensität an Kiwis, barg aber dennoch ein unvergleichliches Aroma weißer Trauben. Das versüßte zum einen das Ende dieser gelungenen Flucht aus dem Alltagsleben; zum anderen zeigte es, dass am Weingut Zwickelstorfer Neues mit großer Freude ausprobiert wird. Tradition verschmilzt mit Innovation, so kann man die gelungene Veranstaltung "Slowfood zu Besuch im Weingut Zwickelstorfer" im Rahmen der Carnuntum Experience 2010 beschließen. Es wäre schön, wenn aus dem Besuch ein längerer Aufenthalt werden würde. (Text und Fotos: Denise Karnthaler)
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