Kärntner Kulturinitiativen, und nicht nur diese, fordern die Aufhebung des Zahlungsstopps an die Freie Kärntner Kulturszene. Ein Aufruf.
Für zahlreiche Personen aus der Kärntner Kunst- und Kulturszene besteht ganz allgemein der Eindruck, dass Kärnten jetzt - angefangen von den generellen Subventionssperren in Kärnten bis zum Umgang mit Kärnten durch die Bundesregierung - für die Wahlergebnisse in der jüngeren Vergangenheit bestraft wird. Es sind vorwiegend Leute, die sich jahrelang gegen die Verhältnisse in Kärnten gewehrt haben und die sich jetzt hängen gelassen fühlen. Gerhard Ruiss (IG Autorinnen Autoren) hat daher einen Aufruf zur Solidarität mit Kärnten formuliert.
Der Aufruf im Wortlaut:
Schadenfreude und Rachegefühle haben im politischen Denken und Handeln nichts verloren. Sie sollten auch im Denken und Handeln der österreichischen Bevölkerung keinen Platz haben.
Wer Kärnten seine jetzige Situation gönnt und diese Situation zudem möglichst lange aufrecht erhalten möchte, handelt nicht nur im Sinne Kärntens, sondern genauso im Sinne Österreichs verantwortungslos.
Der Skandal rund um die Kärntner Bank Hypo Alpe Adria und seine Kostenfolgen sind keine allein auf Kärnten bezogene Angelegenheit, es gibt viele Beteiligte, die dabei Rollen gespielt haben. Darauf verweisen auch die vermutlich wegen Schutzwürdigkeit vorgenommenen zahlreichen Schwärzungen in den Akten zum Hypo-Skandal, der eben erst durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet zu werden beginnt. Wer sich schuldhaft verhalten hat und wer nicht, wird sich hoffentlich klären lassen, und wer die Betrogenen sind und wer die Betrüger.
Die Bevölkerung Kärntens wurde genauso getäuscht wie die Bevölkerung in den anderen österreichischen Bundesländern, sie ist es aber, die das Desaster jetzt als einzige büßen soll.
Es ist moralisch zutiefst verwerflich, ein ganzes Bundesland in Sippenhaftung zu nehmen und zum Kollektivschuldigen zu machen, weil es die "falschen" Politiker gewählt hat. Es stellt darüber hinaus das Recht auf freie Wahlen in Frage. Wahlergebnisse für demokratische Parteien unter demokratischen Verhältnissen sind nicht nur dann zu akzeptieren, wenn es zu wunschgemäßen Wahlergebnissen kommt.
Wir erinnern darüber hinaus daran:
Nicht die Mehrheit der Kärntner Bevölkerung hat den für die jetzige Situation verantwortlichen Politikern ihre Stimme gegeben und das Vertrauen ausgesprochen, sondern die jeweils stimmenstärkste Partei hat mit 42 bis 45 Prozent die Kärntner Regierungen gebildet und die Regierungsgeschäfte geführt. Wir erinnern daran, dass dieselben für die Misere in Kärnten politischen Verantwortlichen viele Jahre lang höchst willkommene Koalitionspartner in österreichischen Bundesregierungen waren und als hervorragend geeignete Politiker für Regierungsämter dargestellt wurden. Wir erinnern daran, dass in zahlreiche Korruptionsfälle der letzen Jahre verstrickte Politiker und ihre Berater noch bis vor kurzem als hoch achtbare Angehörige der Spitzenpolitik gegen alle Angriffe verteidigt wurden.
Nicht nur die Wählerinnen und Wähler dieser Politiker haben sich in ihnen geirrt, auch diejenigen, die sie in hohe und höchste Staatsfunktionen gehievt und sie in ihrer politischen Arbeit anerkannt und verteidigt haben.
Wir fordern die Verantwortlichen in der österreichischen Bundesregierung dazu auf, umgehend zu einer solidarischen Lösung mit Kärnten zur Überwindung der Zahlungsschwierigkeiten Kärntens zu kommen.
Wir fordern sie darüber hinaus auf, weitere peinliche Demütigungsrituale (nach Wien zitiert), die demonstrative Selbstbehauptungsnotwendigkeiten (mit sieben Dienstwagen aufgekreuzt) nach sich ziehen, zu unterlassen. Es ist im Verhältnis zu den Beträgen und Werten, um die es geht, keine Geldfrage einmal auch von Wien aus nach Kärnten zu fahren, um zu verhandeln, es ist eine Willensfrage. Es ist keine Frage des zeitlichen Aufwands, sondern eine des respektvollen Umgangs miteinander.
Wir erklären unsere Solidarität mit Kärnten und wir erwarten sie auch von allen anderen Österreicherinnen und Österreichern.
Wir erklären uns solidarisch mit der freien Kunst- und Kulturszene in Kärnten, die um ihr Überleben kämpft.
Wir legen unseren vehementen Protest gegen die radikalen Kürzungen im Kunst- und Kulturbereich, Sozialbereich, im Bibliothekswesen, Sport und bei gemeinnützigen Vereinen ein.
Gerhard Ruiss, Autor, Wien
Manfred Horak, Journalist, Wien
Sujets: Manfred Horak, IG KIKK
(Mai 2015)