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amon_sonnenfinster

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Molden Verlag (2006)
Roman, 240 Seiten
ISBN-10: 3854851839
ISBN-13: 978-3854851837

Tod dem Patriarchen

Karl Kühn liegt auf dem Sterbebett. Er ist der klassische Kapitalist alter Prägung - Herr über seine Milliarden und sein Haus. Nun richtet sich sein gesamter Ehrgeiz auf ein Ziel - noch einmal, wie in seiner Kindheit, eine Sonnenfinsternis zu erleben. Dieses Ziel scheint sich mit der Sonnenfinsternis 1999 auch beinahe zu erfüllen. Amons Roman liest sich wie ein Kammerstück - Dialoge zwischen Kühns Arzt und seiner Enkelin über den Alten, gelegentlich unterbrochen vom Umtreiben der schlagenden Verbindung, zu der Kühn gehörte, und den Leiden der restlichen Familienmitglieder. Im Gegensatz zum "alten" Kapitalismus steht der zweite Enkel für einen "neuen" Kapitalismus – jenen der Spekulation und der Finanzmärkte. Kühn jr. wartet ebenso wie seine Angehörigen auf Kühns Tod - um das Erbe verspekulieren zu können. Die Logik für die Kühn steht speist sich aus kapitalistischem Herrschaftsanspruch, faschistischer Ideologie und Sexismus. Erst nach und nach entrollt sich jedoch das gesamte Grauen des patriarchalischen Herrschaftsanspruchs den Kühn repräsentiert - Kühns vermeintliche Adoptiv-Tochter stammt aus einem Lebensbornheim und ist in Wirklichkeit sein Kind, ebenso wie ihre Kinder. Aus Kühns Sicht macht das Sinn - die ignorierte Frau, die missbrauchte Tochter und die geerbte Schuld der 3. Generation. Sie alle fallen dem narzistischen Wahn des Patriarchen - und der damit verbundenen Ideologie - zum Opfer. Inmitten dieser Szenerie bleibt dann die Liebesgeschichte zwischen Kühn-Enkelin und Kühn-Arzt doch etwas dünn, die Dialoge zwischen ihnen sind eine Spur zu langatmig, ein wenig zu hölzern. Kühn, seine Geschichte und sein Tod sind Erschreckenderweise glaubwürdiger - und machen das Buch lesenswert. Michael Amon ist damit eine beklemmende Metapher auf das 20. und 21. Jahrhundert gelungen. (Laura Rafetseder)