"Eine erlebte Poetik" heißt es im Untertitel dieses wunderschön aufgemachten Buches für Leser ab 14 Jahren. Der Autor begibt sich auf eine Zeitreise, an dessen Anfang der Klang und der Takt standen, und die Sprache, in Rhythmus gegossen, auf betörende Weise erlebbar wird.
Wie kippt man in die große weite Welt der Verskunst hinein mit all seinen gereimten und ungereimten Lehren, freien Versen und Sprachexperimenten? Diese Frage erkundet Ludwig Harig anhand seines Lebens, erzählt wie er als Kind erstmals Sprache rhythmisierte, auf Verse abklopfte, stolz seinen ersten Paarreim schuf, wie er die Dichter und Denker für sich eroberte und er schreibt über die schicksalsvollen Begegnungen in seinem Leben, wie z.B. jene erste Begegnung mit der Ballade. Schiller, Goethe, Mörike, Dröste-Hülshoff, Hebbel, Heine, Fontane, Brecht kommen in seinen Erinnerungen genauso vor wie Anekdoten über seine Großmutter, die ihm einst sagte, er sei ein Luftkutscher. "Ich war damals noch ein Kind, doch ich bin ein Luftkutscher geblieben und habe die Luftkutscherei zu meinem Beruf gemacht. Von Kindheit an verzückt mich ein unerklärliches Jucken im Kopf, das mich anstachelt, Schabernack mit den Wörtern zu treiben." Seine Erfahrungen mit der Sprache führt dabei den Leser einmal mitten hinein in den Kampf mit dem Zeitgeist, einmal in eine Begegnung mit dem Orient, geht zurück in die mittelhochdeutsche Dichtung, in die Sonette und in Musik und Lyrik, führt durch Collagen, Glaube und Aberglaube, treibt seine Spielchen mit der Romanze und mündet schließlich im Glossar, das sich als wahrer Informationsnährboden von Versformen und literarischen Gattungen erweist. "Dann bricht er ab, / bleibt voll Geheimnis, / ganz wie die Welt, / er hat gelernt." Für angehende Dichter und Poeten ebenso geeignet wie für Lehrer als begleitendes Unterrichtsmaterial. (Manfred Horak)
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