Mit fünf kleinen Lesungen anlässlich seines 80. Geburtstages erinnerte das Theater Akzent in Wien an Leben und Werk von Thomas Bernhard. Wolfgang Hübsch bildete mit seiner Interpretation des "Theatermachers" den Abschluss dieser gelungenen Lesereihe.
"Über den Dächern von Wien" im Studio Akzent wurde das Publikum eingeladen zum 80. Geburtstag an fünf verschiedenen Abenden je einen kleinen Text Thomas Bernhards zu entdecken. In gemütlicher Atmosphäre präsentierte nun Wolfgang Hübsch seine 90-minütige Solo-Version des Einakters "Der Theatermacher".
Staatsschauspieler Bruscon verschlägt es samt Familie in das Dörfchen Utzbach. Dort soll sein Werk "Das Rad der Geschichte" aufgeführt werden. Das Ensemble bilden Ehefrau, Tochter und Sohn. Bruscon, ein tyrannischer Zyniker, wettert in einer Tour gegen das Nest in dem er sein großartiges Werk präsentieren soll, ist es doch mit ein paar Hundert Einwohnern einfach zu klein und provinziell um für seine Kunst adäquate Bewunderer zu beherbergen. Der Patriarch Bruscon, mit keiner Leistung seiner innerfamiliären Truppe zufrieden, ist von jedem Einzelnen maßlos enttäuscht und gibt das auch direkt zu verstehen. Die Aufführung von Bruscons Stück kommt jedoch letztendlich nie zustande, da es im Pfarrhaus brennt und das sämtliche Publikum fluchtartig den Saal verlässt, bevor überhaupt der erste Vorhang aufgeht.
Wolfgang Hübsch gelingt es auf beeindruckende Weise das Theaterstück von Thomas Bernhard mit einer Charaktervielfalt vorzutragen. Besonders gut ist die Abgrenzung zwischen dem arrogant daherredenden Bruscon und dem einfältigen Wirt des Gasthauses, in dem die Familie absteigt, geraten. Durch die punktgenaue stimmliche Arbeit charakterisiert Hübsch die einzelnen Figuren pointiert sarkastisch, zynisch oder lächerlich und erweckt dadurch das gelesene Theaterstück zum Leben. Durch die begrenzte Sitzplatzanzahl im Studio des Theater Akzent, eher als Geheimtipp zu werten, war diese Lesung eine Perle im Veranstaltungskalender. Ohne andere Hilfsmittel als sein stimmliches Handwerkszeug präsentierte Wolfgang Hübsch einfach einen schönen, spannenden und lustigen Kulturabend über den Dächern von Wien. (Text: Katja Kramp; Fotos: Thomas Bernhard Archiv, Wolfgang Hübsch)