Er ist Autor, bekennender Anarchist, Mitglied der Industrial Workers of the World und Vordenker der Occupy-Bewegung: David Graeber. Sein aktuelles Buch Bullshit Jobs widmet sich dem wahren Sinn der Arbeit.
Am Anfang war ein Artikel in einem Magazin, genauer gesagt in der radikalen Zeitschrift Strike!. Der Anthropologe David Graeber reflektierte darin über das Phänomen der Bullshit Jobs. Danach erhielt Graeber unzählige Antworten mit Leidensgeschichten von Menschen, die Bullshit Jobs haben. Daraus entstand dieses Buch.
Mit wissenschaftlicher Gründlichkeit beleuchtet und untersucht Graeber den Begriff der Arbeit, der sinnlosen und sinnvollen Arbeit. Mit einer Vielzahl von völlig abstrusen Geschichten untermauert Graeber seine These, dass immer mehr Menschen Tätigkeiten ausführen, die überflüssig und unproduktiv sind - und dadurch die Menschen immer unglücklicher werden. Auch die Arbeitszeit steigt. Nicht nur mit der Einführung des 12 Stunden-Tages der ehemaligen österreichischen Bundesregierung, sondern auch mit der Arbeitszeitsverlängerung andernorts. Es werden noch länger sinnlose Tätigkeiten ausgeführt.
1930 war der Ökonom Keynes davon überzeugt, dass durch den Fortschritt in der Zukunft niemand mehr als 15 Stunden pro Woche arbeiten müsse. Eine interessante und auch umsetzungswürdige Idee, leider bleibt es nur bei der Idee. Denn InvestmentbankerInnen, UnternehmensberaterInnen sind u.a. Bullshit Jobs - Arbeiten, die keinen gesellschaftlichen Nutzen bringt. Weder erfüllen sie die/den Erfüller/in dieser Pflicht, noch erfüllen sie einen sinnvollen Zweck. Schlimmer noch, viele dieser Bullshit Jobs werden sogar künstlich geschaffen, obwohl es keine Arbeit gibt.
Bill Hicks, der US-Amerikanische Comedien, hat dazu einen sehr passenden Sketch:
Chef: Warum arbeiten Sie nicht?
Mitarbeiter: Es gibt nichts zu tun.
Chef: Nun ja, Sie sollten aber so tun, als ob Sie arbeiten.
Mitarbeiter: Da habe ich eine bessere Idee. Warum tun Sie nicht so, als würde ich arbeiten? Sie werden besser bezahlt als ich.
Das Paradebeispiel für Bullshit Jobs ist in der Finanzbranche zu finden. Dort gibt es so klingende Beschreibungen wie "Beschleunigung der reibungslosen Konvergenzen" oder "Gerichtete Margenangleichung". Traurigerweise lässt sich weltweit konstatieren: Das Gefühl für die eigene Würde und den Selbstwert verkörpert sich für die meisten Menschen darin, dass sie mit Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen. Die meisten Menschen hassen ihren Job.
Wie heißt es denn so schön? Was man gern macht, macht man gut! Diesen Satz nehmen sich aber doch viele Menschen zu Herzen. Es gibt immer mehr Menschen, die sich nicht mehr mit Geld locken lassen, sondern lieber Zeit haben. Es gibt immer mehr Menschen, die aus dem Hamsterrad der Bullshit Jobs herausspringen und in das Meer der Selbstverwirklichung tauchen. Eine Möglichkeit für Selbstverwirklichung ist das bedingungslose Grundeinkommen, für das David Graeber am Ende des Buches auch plädiert. //
Text: Nadia Baha
Foto: Annette Hauschild
Buch-Tipp:
David Graeber - Bullshit Jobs: Vom wahren Sinn der Arbeit
Bewertung: @@@@
Übersetzung von Sebastian Vogel
ISBN: 978-3-608-98108-7
Verlag: Klett-Cotta Verlag (2019)