Woran mag wohl Georg Breinschmid denken, wenn er seinen Kontrabass schlägt? Eine ausführliche Antwort auf diese Frage bringt das Doppel-Album "Brein's World", sowie die Erkenntnis, dass World, Jazz, Pop, Wienerlied, Soul und Klassik sehr wohl unter einen Hut passt.
Brein's World, das sind 28 neue Fantasmo-orgiastische Tracks in 151 Minuten, anders formuliert, zwei CDs mit langer Spieldauer, die aber niemals langweilig werden, eingespielt mit Breinschmids Hauptprojekt "Brein's Café", also mit den Janoska-Brüdern Roman (Violine) und Frantisek (Piano) aus Bratislava, aber auch mit einer Vielzahl an weiteren illustren Gästen (wie auch bereits auf dem Vorgänger-Album Wien bleibt Krk). Mit dabei natürlich sein Spezi Thomas Gansch an der Trompete, die gemeinsam ein "Trompetenbaumgewächs" gedeihen lassen, den Radetzkymarsch neu beatmen, einen Blues im 5/4-Takt beschleunigen, und vor allem das "Schnucki von Heanois" in einem wahnwitzigen Rap verewigen. Der nächste Party-Hit und Chart-Knüller? Das Leben will den nächsten Hit. Ebenfalls mit dabei die schweizerisch-österreichische Freundschaft mit Daniel Schnyder (ss), Thomas Dobler (vib), Susanne Paul bzw. Daniel Pezzotti (vlc) alias classXXX. Als besonders verhaltensauffällig neben dem erwähnten "Schnucki von Heanois" (das, wenn man das Lied schon mit irgendetwas vergleichen möchte, an die wenig guten Momente von DÖF erinnert), stellen sich die Lieder "Urlaub am Giatl" und "Flugzeugderorist" heraus. Letzteres entstand anlässlich einer Security-Kontrolle am Flughafen, Stichwort Handgepäckbestimmungen und Mitnahme einer Mineralwasserflasche. Apropos Flaschen: Immens glücklich sein müsste der Österreichische Musikfonds, wenn solch ein Album mit der Bitte um Förderung ins Haus flattert. Jedoch: Sie rümpften nur die Nase und lehnten ab (lest dazu die Message von GB). Vielleicht sind die Zuständigen aber auch nur so sensibel und können keine offenen Schädeldecken sehen (Hey, das ist nur eine Illustration und kein blaues Blut!). Die Gehirnwindungen strömen nämlich nur so quer durchs Booklet und freilich gibt es auch ein "Lied des Zwangsdenkers", natürlich und Gott sei Dank ein gänzlich unautobiografisches. Weitaus autobiografischer ist da schon sein "Tschukkn Belle" als quasi rhetorische Extravaganza und phonetische Assoziationskette, breingeschmidet in einer juxenden Fantasiesprache, die bis zur Breinschmid'schen Erkenntnis führt, dass er "im Jazzeranten Lexikon" noch nicht vorkommt. Wird schon noch. Alleine Kompositionen wie "Oldtime Hit", die er in allerbester Soul-Jazz-Manier rausschüttelt, machen jeden Jazzeranten mit Weitblick glücklich. Darüber hinaus erquickt er uns mit intuitiven und jedenfalls immer gefühlsechten großen Melodien - hier kommt in erster Linie sein Flexibelbetrieb Brein's Café wieder ins Spiel - die man nicht einfach nur so hören sollte, seine Kompositionen "7/8 Landler", "Musette #2", "Klane Wiener Vorstadtmelodie" und Liszts "Liebestraum" sollte man vielmehr regelrecht erkunden, nach und nach entdecken und ordentlich auskosten. (Manfred Horak)
CD-Tipp:
Georg Breinschmid: Brein's World
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Preiser Rec. (2010)