Auch 2011 startet das Hip Hop Internetportal rappers.in sein berühmtes Videobattleturnier, kurz VBT. Das Ganze ist aufgebaut wie ein herkömmlicher Rap-Battle: Es treten immer zwei MCs gegeneinander im K.O.-System an, nur wird hier nicht im Angesicht des Gegners praktiziert, sondern pro Runde ein selbstproduziertes Video samt Rap im Internet hochgeladen.
Battlerap - wahrscheinlich wird nichts so kontrovers diskutiert wie diese spezielle Art von Hip Hop-Kultur, die darauf ausgelegt ist, den Gegner ein Stück weit zu vernichten und fertig zu machen. Die einen kommen mit dem kompetitiven Gedanken, der dahinter steckt nicht klar, die anderen schwören auf die Vernichtungskultur und können mit anderen Facetten des Genres nicht leben. Aber was macht den Reiz vom Kampf mit Wort und Beat gegeneinander aus? Gibt es überhaupt einen? Ist jeder, der da mitmacht gleich ein oberflächlicher Gewaltverherrlicher oder ist ein Battle mehr als nur homophobe Phrasendrescherei?
Der Grundgedanke ist eigentlich nicht schlecht: Man bekriegt sich mit Worten, gerappt auf Beats nach bestimmten Regeln, anstatt mit den Fäusten. Doch die Umsetzung ist manchmal mehr als besorgniserregend: Xeno- und homophobe Lines paaren sich mit Aggression und Frauenfeindlichkeit. Das hat dann nichts mehr mit Kreativität zu tun, sondern lässt eher darauf schließen, dass der IQ des Urhebers gen Null tendiert.
Klar, hundertprozentig politisch korrekt bis ins kleinste Detail rappt fast niemand, aber bei den meisten fühlt man sich als Frau eher nicht angegriffen, wenn Texte losgelassen werden, die nicht ganz dem neuesten Stand der femininen Emanzipation entsprechen. Man denkt sich eher: Wenn der wirklich so ein Frauenbild hat, hat er auch selbst Schuld! Das Verständnis der Weiblichkeit, wie sie im Hip Hop propagiert wird ist auch nicht gerade Alice Schwarzer-tauglich und es interessiert auch niemanden, ob man als Frau gerade den Doktor in Molekularbiologie gemacht hat, aber wo die Kerle immer noch Damen finden, die sich mit blutbeschmierten Fetzen bekleidet gegenseitig vor der Kamera begrabschen, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Solche Seiten findet man eben beim VBT leider auch.
Andererseits steht Hip Hop auch für eine Kultur, in der man sich nicht als Opfer betrachtet, in der man sein eigenes Ding durchzieht. Und vielleicht liegt hier der Ansatz mit Potenzial, der diese Form des Raps essentiell macht. Battles sagen nämlich nicht nur massenweise politisch unkorrekten Kram aus, sondern sie zeigen auch eine Haltung auf, bei der man nicht alles immer gleich persönlich und ernst nimmt, sondern alles was der Gegner sagt an einem abprallt und nicht an sich rankommen lässt. Es ist auch eine Kultur des fairen Wettstreits und angesichts dessen, dass in Jugendzentren für junge Burschen hauptsächlich Aggressionsbewältigungsprogramme angeboten werden, vielleicht gar keine so schlechte Art der charakterlichen Weiterbildung.In diesem Sinne: Let's be Non-PC and watch out for VBT 2011. (Katja Kramp)
Kurz-Infos:
Das Videobattleturnier 2011 auf www.rappers.in
Bewertung: @@@@1/2