"Oide, du musst jetzt einfach noch ein Lied schreiben, weil du singst besser als du schreibst!", ermunterte Christian Kolonovits die Schauspielerin und Sängerin Maria Bill während den Aufnahmen zum ersten Album, das im Herbst 2012 als Anniversary Edition erstmals auf CD erscheint. Ja, und was, nachdem Bill diesen Rat befolgte, dabei herauskam, erzählt sie im Interview.
Kulturwoche.at: Frau Bill, sie sind ja eigentlich Schauspielerin, wie kam es dazu, dass Sie in den 1980er Jahren als Musikerin erfolgreich waren?
Maria Bill: Einerseits waren wir bei mir zuhause vier Mädeln, und meine Eltern haben uns jede mit einem Namen und einem Musikinstrument bedacht. Ich bekam das Klavier. Das Üben zuhause unter der Aufsicht meiner Mutter war ein bisschen anstrengend, aber in unserer Schule gab es ein Musikzimmer und dorthin habe ich mich öfters absentiert. Da habe ich einerseits schon meine Fingerübungen für den Klassikunterricht gemacht, aber andrerseits auch relativ bald eigene Lieder geschrieben, in denen es um meine jugendlichen Sehnsüchte und Verliebtheiten ging. Das war so eine Art Tagebuch für mich, und so ging das mit der Musik los. Und irgendwie hatte ich schon auch immer ein bisschen den Traum: Vielleicht trau ich mich ja dann irgendwann mit meinen eigenen Liedern und einer Band oder einem Orchester aufzutreten? ... - Viele Jahre später habe ich dann hier in Wien durch den Hans Gratzer das Stück über die Edith Piaf spielen dürfen. Ich habe nämlich nach meinen Proben im Theater im Beisl ums Eck immer leidenschaftlich Klavier gespielt und gesungen. Eines Tages kam dann Hans Gratzer mit dem Stück über Piaf zu mir und sagte: So, jetzt hab ich was für dich - da kannst du singen UND Theater spielen. Und durch das Leben der Piaf fand ich auch selbst den Mut, mit meinen Liedern etwas zu versuchen. Nach dem Motto: Man kann gewinnen, man kann verlieren, aber wenn man nix macht, ist es schad drum! Die Plattenfirmen wollten zwar dann alle Schallplatten mit Piaf-Liedern mit mir machen, aber das fand ich sinnlos, ihre Interpretationen kann man nicht verbessern. Also sagte ich: Ich habe eigene Lieder und so kam es dann zu meiner ersten Solo-LP.
Und die Texte dazu? Waren das Ideen von früher oder sind diese Texte alle in Wien entstanden?
Ich glaube, da waren schon einige Ideen von früher dabei, aber im Grunde ist schon der Großteil der Texte in Wien entstanden. Genau weiß ich das gar nicht mehr, ist ja schon lange her. Aber es waren alles Erfahrungen und Geschichten aus meinem Leben.
Sie kamen in den 1980er Jahren nach Wien. Wie war ihr erster Eindruck von der Stadt?
Wien kam mir völlig anders vor. An was ich mich noch erinnern kann vom ersten Tag als ich nach Wien gekommen bin, ist folgendes: Ich bin vom 12. Bezirk in die Stadt 'rein gefahren, und dann mit dem D-Wagen zum Schauspielhaus in der Porzellangasse. Es war grau, regnerisch und ich habe vom Wiener Dialekt fast nichts verstanden. In der Straßenbahn hatten viele Leute Loden-Sachen an, und von so einem Mantel ist mir eine Hahnenfeder direkt ins Gesicht gehangen. Mir war das alles nicht ganz geheuer und ich habe schon stark gehofft, dass sich da einiges aufhellen wird. Ich konnte mir nach diesen ersten Eindrücken schwer vorstellen in Wien zu bleiben und jetzt sind es schon über dreißig Jahre! Auch zum Wiener Dialekt habe ich dann schnell einen Zugang gefunden, weil es mir schon immer Spaß gemacht hat, Sprachen zu lernen und zu sprechen. Ich bin ja in einem internationalen Kinderdorf in der Schweiz, wo meine Eltern gearbeitet haben, aufgewachsen und habe so schon als Kind täglich viele fremde Sprachen gehört. Dieses Dorf wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet und dort wuchsen Kriegswaisen aus 12 verschiedenen Nationen gemeinsam auf. Das war eine gute Schule für mein späteres Leben.
Auf der ersten LP findet sich ja auch I Mecht Landen, vielleicht Ihr größter Hit. Wie ist dieses Lied entstanden?
Vor den Aufnahmen zu meiner ersten LP habe ich einmal mit meinem damaligen Produzenten und Arrangeur Christian Kolonovits - übrigens ein toller Typ, den mag ich sehr - ganz streng aussortiert, was von meinen Liedern LP-tauglich sein könnte und was nicht. Und am Schluss waren sozusagen mehr Lieder am Boden, als am Klavier. Die Folge war ein Abend mit jeder Menge Schnaps und einer halben Alkoholvergiftung, weil ich so unglücklich und traurig war. Am nächsten Tag sind wir das Material noch einmal durchgegangen, und da sind ein paar Lieder wieder raufgewandert und wir dachten beide: Die sind ja eh gar nicht so schlecht, was war da gestern los? Und Kolonovits sagte zu mir: Oide, du musst jetzt einfach noch ein Lied schreiben, weil du singst besser als du schreibst! (schmunzelt) So entstand dann noch relativ kurz vor dem Studiotermin I Mecht Landen, unter Mithilfe von Christian Kolonovits, der beim Refrain entscheidend mitkomponiert hat. Darum ist ihm als Musiker das Lied auch ein wenig gewidmet.
Interview: Robert Leopold Fischer
Fotos: Lalo Jodlbauer
Den Artikel in voller Länge gibt es in der E-Zine-Ausgabe No 2 von Kulturwoche.at zu lesen.
CD-Tipp:
Maria Bill: I mecht landen (Anniversary Edition)
Label/Vertrieb: Amadeo / Universal Music (2012)
Link-Tipp:
Maria Bill (Webseite)