Die Wiener Folk-Rockband Harlequins Glance veröffentlicht Ende September 2017 mit dem Album "Pain & Ecstasy" ihren vierten Streich. 11 neue Songs, die textlich sehr ansprechend sind, als auch unter Verwendung von Gitarre, Kontrabass, Akkordeon, Geige und Snare-Drum das Tanzbein aktivieren. Der Bandleader, Sänger und Multi-Instrumentalist Gernot Feldner stand für einige Fragen zur Verfügung.

Kulturwoche.at: Gernot, wie ist die Band Harlequins Glance entstanden?

Gernot Feldner: Das war anfangs nur ein recht loses Projekt mit wechselnder Besetzung. Es gibt sogar ein Album aus dieser Projektphase, wo wir noch keine Band im engeren Sinne waren. Dann haben wir 2004 so beiläufig bei einem Bandwettbewerb mitgemacht, dort gewonnen, und wurden dann zum Deutschland-Österreich-Finale nach Berlin eingeladen. War nett. Von hier aus wurde beschlossen, dass wir dem Projekt ein beständiges Gesicht geben und das Ganze mehr als Band mit fixem Personal definieren, weil's auch notwendig ist, wenn man eine Marke bilden will und zu Gigs kommen will.

Warum heißt das neue Album Pain & Ecstasy"?



Wir wollten bei diesem Album nach "Turn" und "Ashore" unbedingt mehr als ein Wort im Albumtitel haben. Das ist uns mit "Pain & Ecstasy" sehr gut gelungen. Außerdem nehme ich gern einen Songtitel auch als Albumtitel. Dazu sind's auch die letzten Worte des neunten Songs am Album, auch das war so noch nie da. Es könnte auch programmatisch gedeutet werden, also die ganze Schizophrenie und Polarität von Harlequins Glance mit den schweren nachdenklichen manchmal sogar resignativen Songs auf der einen Seite und der gleichzeitigen fahrigen energetischen humoresken Bühnenpräsenz, mit der wir diese Songs spielen.

Wie entstehen deine Texte bzw. welche Dinge inspirieren dich dazu?


Sehr assoziativ und lautmalerisch und bildhaft. Da hilft das Englische als Fremdsprache. Ich mag da den Klang der Sprache und welche Musik welche Worte fordert. Eine Stimmung ist da schon in der musikalischen Idee oder in einer Grundphrase oder einer Refrain-Idee unterlegt, wo's genau hingeht weiß ich da noch nicht. Erfreulicherweise ist der Text dann meist irgendwie schlüssig, und es kommt dann sogar ein Sinn oder zumindest eine schöne Bildfolge raus.

Welcher Song des neuen Albums ist derzeit dein Favorit und wie ist er entstanden?

Die Favoriten wechseln, da sind ein paar, dabei die ich als sehr gelungen sehe. Derzeit ist mein Favorit vielleicht "Losing me" wegen der schönen Bridge und dem für meine Verhältnisse etwas anderem Songwriting. Entstanden ist der Song fast über Dekaden. Die Strophe und die Hookline / Refrain mit dem namensgebenden "Losing me" ist uralt. Ich hab ihn dann liegen lassen, weil zu wenig Substanz da war. Mit der neuen Bridge hat er jetzt mehr Nuancen und ist musikalisch nicht mehr so bieder. Wir haben die Bridge dann mit Klavier, Streichern und einer zweiten Stimme ausgestattet, was eine schöne Färbung ergibt und die Modulation in die Bridge-Chords noch betont. Auch textlich gibt es einen witzigen Aspekt: Der alte Teil mit der Strophe ist resignativ, die Bridge dann optimistisch. Das kommt immer wieder vor, dass sich durch Textkonstellationen überraschenderweise Kehrtwendungen ergeben. 



Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?

So wie wohl bei allen Musikern die Begeisterung für Musik, die so herumschwirrt, vor allem als Kind. Dann versucht man das zu imitieren und kopieren, und fühlt sich dann im besten Fall großartig.

Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?


Die allererste Gage weiß ich nicht mehr, aber viel an den frühen geringen Geldern haben wir gleich wieder in neues Zeug - Mikros, Mikroständer, Kabeln - investiert.



Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?


Als agierender Musiker? Alles Mögliche, je nach Situation. Beim Live spielen, wenn es einen schönen Auftrittsort mit großartiger Atmosphäre gibt, ein feines Publikum, dem's taugt und das sich interessiert, mit der Band die fragilen Balladen mit Gefühl gespielt werden und dadurch gut kommen, aber auch ein lustvolles lautes energiegeladenes Band-Gebolze im Rahmen eines Songs, und es dann wild und fetzig dahingeht. Als Songwriter natürlich, wenn ein Song gelungen ist und vom einen oder anderen dann richtig gemocht wird.



Ihr habt in der letzten Zeit oft live gespielt - an was erinnerst du dich da besonders gerne? Gab es da einmal einen besonderen Moment etc.?

Gar so oft haben wir nicht gespielt. Die Konzerte sind durch die Wiederholung dessen, was die Band ausmacht und entwickelt hat, oft eine komische Mischung des Gewohnten und Austauschbaren, das immer neu verortet wird. Wenn der Sound gut ist und wir in Form sind das Publikum sich freut ist's gut. Besondere Momente bleiben in Erinnerung, wenn es diesen Rahmen verlässt. Da fällt mir das gemeinsame Musizieren mit dem leider kürzlich verstorbenen Wilfried ein, das war ein großartiger Sänger mit enormer Präsenz, der bei allen unserer drei Gigs bei ihm zu Hause in der Vereinsmeierei im Finale eingestiegen ist und noch ein paar Songs mit uns gesungen hat. Das ist immer ein ehrenvoller und schöner Moment gewesen.

Ich weiß du magst die Musik von Leonard Cohen, Bob Dylan und Neil Young sehr. Wenn du dich mit einem der drei zum Abendessen treffen könntest - wen würdest du auswählen?

Mit Cohen wär's wohl am angenehmsten gewesen, aber definitiv mit Dylan, auch wenn es nicht ein ganzes Abendessen dauern muss. Ich würd wohl in Ehrfurcht erblassen oder extrem künstlich tun, also eher ein sinnloses Unterfangen, außer es würde einfach musiziert werden. Neil Young würd ich zum gemeinsamen Abendessen eher vermeiden wollen, weil er anscheinend gern stundenlang nur über seine Modelleisenbahnen und Autos monologisiert.

Wie lauten die Zukunftspläne von Harlequins Glance?

Reich und beliebt werden. Mehr im Radio gespielt werden. Albums verkaufen und die Produktionskosten wieder reinkriegen. Gemeinsam essen gehen. Das Merchandising-Angebot um das Harlequins-Glance-Weihwasser erweitern. Nach Lourdes oder Bukarest gehen und dort spielen. Dylan und Waits als Backgroundsänger verpflichten. Einen zahmen Kondor als Bandmaskottchen besorgen. Gitarrensaiten kaufen. Den Sänger austauschen oder ihn zumindest keine Ansagen und Interviews mehr machen lassen.//

Interview: Robert Fischer
Foto und Cover Artwork: Agnieszka Gantz

CD-Tipp:
Harlequins Glance: Pain & Ecstasy
Label / Vertrieb: Lindo Records / Hoanzl (2017)

CD-Präsentation:
Sa 30.09., Reigen (Beginn 20:30 Uhr)
1130 Wien, Hadikgasse 62