Mira Lu Kovacs lud zum Interview in den Proberaum der Band im 17. Wiener Gemeindebezirk.
Sängerin Mira Lu Kovacs und Ihre Band Schmieds Puls haben 2016 den FM4-Award bei der Amadeus-Preisverleihung gewonnen. Damit keine Langweile aufkommt, hat Kovcas im Folgejahr gemeinsam mit Musikerkollegen von Kompost 3 eine weitere Band gegründet, nämlich die Elektrofunkpunk-Band 5K HD. Deren Debüt-Album "And To In A" (Seayou Records, 2017) wurde von Kritikern hochgelobt und auch die anschließende Tour war sehr erfolgreich. Mit "Manic Acid Love" (Play Dead Records; 2018) steht das dritte Schmieds Puls Album in den Startlöchern.
Kulturwoche.at: Hat es einen bestimmten Grund, dass wir das Interview heute in eurem Proberaum führen?
Mira Lu Kovacs: Das ist für mich gerade angenehm, weil ich nicht so viel Zeit habe. Ich muss endlich wieder ein bisschen üben für die kommende Tour mit Schmieds Puls, und vermisse auch schon meine Gitarren. Eigentlich bin ich gerade noch im Studio mit 5K HD, und deswegen versuche ich die wenigen Tage, wo ich dort nicht bin, hier zu sein.
Nach dem ersten Hören des neuen Albums "Manic Acid Love" hatte ich den Eindruck, dass du darauf mehr E-Gitarre spielst als früher. Ist das richtig?
Lustigerweise sind nur zwei Songs mit E-Gitarre, aber wir haben uns dieses Mal ein bisschen mehr gespielt mit dem Sound. Beim Song "Screens" kann man es, glaube ich, gar nicht mehr richtig unterscheiden, was das für eine Gitarre jetzt ist, weil es auch etwas verzerrt ist. Aber ich finde das gut, wenn man das Gefühl hat, dass der Sound nicht so nackt akustisch ist. Es gab bei "Manic Acid Love" schon die Intention, dass die ganze Sache ein bisschen mehr Dampf kriegt.
Wie war der Ablauf beim neuen Album mit dem Songwriting? Hattet ihr genug Zeit, um neues Material zu schreiben?
Durch das 5K HD Album, das mir irgendwie dazwischengekommen ist, hat sich das neue Schmieds Puls Album sicher etwas verzögert. Aber wir haben die längere Pause genutzt, um uns sehr gut vorzubereiten und viel Pre-Production gemacht, um dann die tatsächliche Studiozeit so kurz wie möglich zu halten. Das hat sich auch echt ausgezahlt. Wir hatten dann im Studio viele Songs schon nach dem ersten oder zweiten Take unter Dach und Fach. Dann wurde hier und da noch ein bisschen herum gefeilt, aber im Prinzip waren wir sehr schnell fertig. Es gab dann nur noch zwei Songs, die ich solo eingespielt habe, das war aber an einem anderen Ort.
Und diese ganze Vorbereitungsarbeit auf das Studio ist hier im Proberaum passiert?
Genau! Wir haben da beim Arrangieren der Songs als Trio sehr eng zusammen gearbeitet. Vor allem unser Schlagzeuger, Christian Grobauer, hat da viel Input beigetragen. Immer, wenn jemand von uns bei einem Song dann vielleicht einmal zu viele Ideen hat, erinnern wir uns regelmäßig gegenseitig daran, dass weniger immer besser ist. Meiner Meinung nach, ist die Idee, dass man beim Arrangement immer mehr und mehr und noch mehr braucht, falsch. Das macht den Song weder knackiger, noch geiler oder grooviger etc. Meistens braucht es da nur ganz wenig.
Warum heißt das Album "Manic Acid Love"?
Es geht um die verschiedenen Stufen der Wut. Deswegen auch die Vulkan-Lava am Cover des Albums. Ein Vulkanausbruch bzw. diese Aggression passt gut zum Thema von "Manic Acid Love". Mir ist aufgefallen, die meiste Zeit bin ich wütend! Das merkt man auch in den Texten, aber das Gemeine ist, dass man es nicht immer gleich hört. Da muss man schon ein aufmerksamer Zuhörer sein. Denn auch beim ersten oder zweiten Schmieds Puls Album war ich sehr, sehr wütend, aber man hat es mir nicht angehört, weil jeder geglaubt hat, das ist die liebe Songwriterin mit der Akustik-Gitarre.
Und wie ist das mit "Love" im Titel gemeint?
Liebe kommt da in dieser gesammelten Wut selten durch, und wenn, geht es da eher um Selbstliebe. Also die Liebe, dass man überhaupt am Leben sein möchte. Die Dankbarkeit, dass man mit zwei Beinen durchs Leben gehen kann, etwas zu essen, Freunde und einen Job hat. Natürlich geht es auch um die romantische Liebe, aber nicht nur. Doch im Mittelpunkt des neuen Albums steht ein Zustand der unsäglichen, fast schon versenkenden Wut. Das wollte ich mit diesem Album unmissverständlich klar machen! Und ich wollte auch einmal einfach "Fuck You" sagen!
Damit spielst du sicher auf die aktuelle Singe "Superior (Fuck You)" an, oder? Der Titel dieses Stücks hat mich persönlich auch leicht überrascht, ehrlich gesagt...
Ja, sowas hat sicher keiner von mir erwartet. Und genau darum wollte ich es machen! Privat fluche ich echt viel, die ganze Zeit! Auch deswegen, um die negativen Energien rauszulassen. Für mich geht es in diesem Lied speziell um Männer bzw. das große Missverständnis von Männlichkeit. Ich habe in Gesprächen mit ein paar der sogenannten aufgeklärten bzw. modernen Männer in meinem Umfeld gemerkt, dass sie trotz oberflächlicher Zustimmung in der Praxis mit der Gleichberechtigung der Frau herzlich wenig anfangen können. Da geht es immer nur um die gleichen, traditionellen Rollenbilder und Vorstellungen. Von Gleichberechtigung in allen Bereichen ist noch lange keine Rede!
Und gegen welche Dinge richtet sich deine Wut noch?
Wenn man mich als Frau bzw. als Mensch bevormundet. Es geht ganz stark um Selbstbestimmung. Geht das überhaupt, dass die Welt mich so sein lässt, wie ich will? Werde ich das in meinem Leben bzw. meiner Lebenszeit noch erfahren?
Es geht dir sozusagen um den Gegensatz, was in unserer sogenannten aufgeklärten Welt für Frauen theoretisch schon alles möglich ist, aber in der Realität dann halt doch nicht passiert, richtig?
Genau! Meiner Meinung sind wir in punkto Frauenrechten noch lange nicht da, wo wir sein könnten. Jetzt wird von dieser tollen Regierung eh wieder eine Sache nach der anderen abgeschafft, und dann weiß ich nicht, wie viele Jahre es wieder dauert, bis es gelingt, alleine mal nur die Bevölkerung so weit zu bringen, dass die Menschen merken, dass gewisse Rechte unbedingt umzusetzen sind. Oder was passiert z.B. wenn die USA unter Präsident Trump die Abtreibung wieder abschafft? Wie wird dann Europa reagieren? Solche Szenarien machen mir Angst. Deshalb wird man auch in der Sprache deutlicher, denn es ist unbedingt notwendig!
Wolfgang Ambros hat für sein Interview in der Süddeutschen Zeitung, bei dem er die FPÖ stark kritisierte, viel Unmut geerntet. Bist du der Meinung dass man sich als Künstlerin, Künstler zur politischen Lage äußern sollte?
Absolut! Jeder kann sich zur Politik äußern. Man hat natürlich eine Verantwortung als Künstler. Trotzdem sollte man seine Popularität als Sprachrohr nutzen, um seine Meinung zu sagen.
Es wird wirtschaftlich immer schwieriger, dass Musiker von Ihrer Kunst alleine leben können. Oft geht das nur mit Nebenjobs oder anderen, zusätzlichen Einkünften. Wie ist das bei dir?
Ich kann mittlerweile schon von meiner Musik leben, aber man weiß halt trotzdem nie genau, wieviel einem am Monatsende über bleibt. Außerdem muss man auch ständig Leute anstellen und bezahlen, die man z.B. für einen Videodreh braucht. Oder die einem helfen, ansprechende Visuals für ein Live-Konzert zu gestalten. Das kostet natürlich auch alles Geld. Oft verwendet man Einnahmen aus der einen Sache einfach dazu, das nächste Projekt zu finanzieren. Es ist ein ewiges Auf und Ab! //
Interview und Fotos: © Robert Fischer
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ZUM GEWINNSPIEL
Schmieds Puls
Album-Tipp:
Schmieds Puls: Manic Acid Love
Erhältlich auf CD und auf Vinyl
Label/Vertrieb: Play Dead Records / Ink Music (VÖ: 7.9.2018)
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Live-Termine 2018
10. Oktober, Linz, Stadtwerkstatt
11. Oktober, Bludenz, Remise
12. Oktober, Salzburg, ARGE Kultur
18. Oktober, Graz, Orpheum
20. Oktober, Krems, Kino im Kesselhaus
25. Oktober, Wien, WUK