Die gebürtige Oberösterreicherin Sibylle Kefer veröffentlichte im Herbst 2019 ihr fünftes Solo-Album. Ein Gespräch über Klänge, Geräusche, Texte und Haltung.
Neben Ihren Solo-Aktivitäten spielt die Multi-Instrumentalistin (Stimme, Gitarre, Querflöte und Klavier) auch im Frauenorchester von Ernst Molden mit. Sibylle Kefer hat ihr neues Werk selbst produziert und im Studio mithilfe von Marlene Lacherstorfer (Bass) und Maria Petrova (Schlagzeug) eingespielt, Im Interview mit Robert Fischer erzählt die Sängerin und Songwriterin, die hauptberuflich als Musiktherapeutin tätig ist, über die Hintergründe zu Entstehung ihres neuen Werks, nächtliche Video-Drehs und warum seit neuestem auch ein Lied von Ostbahn Kurti bei Ihren Konzerten zu hören ist.
Kulturwoche.at: Bitte erzähle etwas über die Entstehungsgeschichte zum Video deines neuen Lieds "Da Taxla"?
Sibylle Kefer: Ich habe den Schauspieler Christoph Krutzler schon lange gefragt, ob er sich vorstellen könnte, im Video mitzumachen. Er kannte den Song schon lange aus dem Backstagebereich im Rabenhof-Theater, wo wir uns schon öfters getroffen haben. Er hat ja gesagt, vorausgesetzt ich wollte keine wörtliche eins zu eins Umsetzung des Songtextes ("Da Taxla scheißt in Busch im 22. Bezirk..."). Klarerweise wollte ich das nicht, es geht in dem Text ja auch um eine ganz andere Ebene als diese sichtbare beschriebene. Die Idee zum Ablauf im Video kam vom Regisseur Gerald Singer, gedreht wurde im 22. Bezirk in einer noch recht lauen Herbstnacht. Es war ein super Dreh, ein tolles Team und ein phänomenaler Abend im Cafe Falk. Gerald Votava, der Nino aus Wien und Natalie Ofenböck haben sich auch ganz kurzfristig bereit erklärt, dabei zu sein, das war ein Glück und eine Freude!
Wie kam es dazu, dass drei Stücke des neuen Albums komplett am Computer entstanden sind?
Sibylle Kefer: Ich wollte schon immer meine eigenen Sachen machen können, ohne auf eine andere Person und deren (eh meist hoch geschätzen) Geschmack als Produzent angewiesen zu sein. Es ging bei den Songs nicht darum, sie komplett am PC einzuspielen, sondern darum, dass ich unabhängig von einem Tonstudio und den immer damit auch verbundenen Kosten sein wollte. Ich möchte das schon sehr lange machen, mich selbst zu produzieren. Die technischen und theoretischen Fertigkeiten und Fähigkeiten, die man dazu benötigt, habe ich mir aber nie so recht zugetraut und jetzt wurde es Zeit, mich damit auseinanderzusetzen. Deswegen habe ich auch schon meinen ersten Producing-Workshops bei Marco Kleebauer und Sophie Lindinger von LEYYA oder Sixtus Preiss absolviert.
Kannst du bitte die Hintergründe zu zwei Liedern des neuen Albums näher beschreiben?
Sibylle Kefer: Gerne! Der Song "Mei Bua" ist für meinen Sohn. Er ist der Zweitgeborene. Für meine mittlerweile erwachsene Tochter habe ich schon mehrere Lieder geschrieben, für meine kleine Tochter gibt es am letzten Album ein Schlaflied. Nur unser Sohn hatte noch keines bekommen. Ich fand es wirklich wichtig, dass er nun endlich auch eines kriegt und war erleichtert, als es fertig aufgenommen war. Ihm gefällt es richtig gut, auch wenn er einen dramaturgischen Fehler drinnen gefunden hat. Seiner Meinung nach habe ich da ein bisschen was durcheinandergebracht bzgl. "Star Wars" und "Star Trek". Der Text geht so: "siagst in captain kirk in hümmö fliagn / schnö ma siagtn glei scho nimma / do do hintn is nu a schimma / von seim sternenstaubliacht / des obi wan eam zuawischiaßt mit seina laserkroft / die du jo söwa a mochn konnst / und olle yediritter kämpfm in da nocht für des guade auf da welt..." Er hätte es mir vor den Studioaufnahmen sagen können, immerhin hat er die Demoversion laaaange zum Einschlafen benützt (schmunzelt)! Mit dem Song "Mei Schmerz" habe ich viel Zeit am Computer verbracht. Nicht in erster Linie mit den Instrumenten und den Klängen/Geräuschen - mit denen teilweise auch, aber das war geplant und gewünscht - sondern mit der Stimme.
Was war der Grund dafür?
Sibylle Kefer: Die Stimme hatte ich einmal nachts ganz leise in einer Wurscht aufgenommen während die Kinder schliefen und mein Mann nicht zuhause war. Kunststück war nun, sie so hinzukriegen, dass man sie für die CD nehmen kann trotz Nebengeräuschen, einem schlechten Mikrofon und unpassender Aufnahmekriterien. Ich hatte einen Text, keine Melodie und hab einfach drauflosgesungen. Ich fand das dann irgendwie so cool, dass ich es verwenden wollte, genau so. Mittlerweile hab ich das Stück so oft gehört, dass ich es auch live gut singen kann. Das habe ich beim CD-Release im Neruda gemacht. Das Playback kam vom Computer, die Stimme war live gesungen. Auch mischen würde ich den Song jetzt noch ein bisschen anders, aber das ist ein wichtiger Lernprozess, der nie aufhört. Geschrieben habe ich "Mei Schmerz" für meinen Mann.
Du schreibst in deinen Liedern oft über ganz private Dinge. auf eine sehr ehrliche, unmittelbare Art. Ich finde das toll, das ist eine große Stärke von dir. Aber hast du manchmal nicht vielleicht die Befürchtung, dass du dabei zu viel öffentlich machst?
Sibylle Kefer: Eigentlich nicht. Aber die Songs, die nicht nur so ganz persönlich sind, sind oft „einfacher“ zu singen in verschiedenen Situationen und bieten mir Brücken. Aber das stimmt auch nicht immer. Es ist z.B. nicht immer leicht, den "Taxla" live zu spielen. Obwohl ich die Nummer sehr gerne singe.
Seit einiger Zeit spielst du den Song "Arbeit" vom Ostbahn Kurti [Im Original von Bruce Springsteen, deutscher Text von Günter Brödl; Anm.] bei deinen Live-Konzerten. Warum hast du den Song in dein Live-Programm aufgenommen?
Sibylle Kefer: Ich wurde von Mary Broadcast zu einer Talkreihe eingeladen, die am 8. März 2019 im Cafe Siebenstern stattfand. Wir haben uns da über Frauen in der Politik unterhalten, die in der österreichischen Politikgeschichte wichtig waren, wie z.B. Adelheid Popp. Dazu wollte ich ein Lied singen, dass es schon gibt, das man kennt, es aber aus der Sicht einer Frau darstellen. Weil mir "Arbeit" selbst so getaugt hat, habe ich es ins Programm aufgenommen. Willi Resetarits fand meine Version sehr schön, ich hab es ihm geschickt und ihn auch um Erlaubnis gefragt sozusagen. Ich wollte es nicht ohne sein Wissen umschreiben.
Momentan ist in der heimischen Politik einiges in Bewegung, zusätzlich gibt es an vielen Ecken gesellschaftliche Probleme. Sollten sich Musiker/innen deiner Meinung nach zur Politik äußern?
Sibylle Kefer: Ich finde es wichtig, Haltung zu zeigen, vorzuleben und durchaus auch zu äußern, wofür man steht. Derzeit ist Diversität, Vielfältigkeit, Verschiedenartigkeit in einem verbundenen Miteinander nicht selbstverständlich und ich finde, vorzuleben, wie bereichernd und verbindend und animierend motivierend sie sein können, gehört zu den wichtigen Chancen, die gerade wünschenswert und wichtig wären.
Gibt es von deinen vielen Konzerten mit dem Frauenorchester, Solo, etc., eine witzige Anekdote? Bzw. gibt es ein Konzert aus der letzten Zeit, an das du dich besonders gerne erinnerst?
Sibylle Kefer: Ende Oktober2019 habe ich erst Solo, dann mit Ernst Molden und das Frauenorchester in Ischl im Leharkino gespielt. Das war sehr spannend, weil es ein Heimspiel war, das mir wichtig war. Ich war aufgeregt, aber fokussiert, meine Eltern waren im Publikum. Ich habe den Song „Moment“ gespielt, den ich meinem Vater geschenkt habe am neuen Album. Das fand ich sehr schön und berührend.
Anschließend war ich im Bandgefüge so gelöst und gestärkt, dass ich, glaube ich, auf alle ansteckend wirkte, bzw. waren wir alle vier in einem großartigen Flow, und haben das Publikum mitgenommen. Ein wunderbarer Abend!
Welchen Berufswunsch hattest du als Kind?
Sibylle Kefer: Sängerin, Schauspielerin, Lehrerin, Sozialarbeiterin.
Wie lauten deine musikalischen Zukunftspläne?
Sibylle Kefer: Viel Live Spielen mit tollen Musikern, weiter Songs schreiben und Alben aufnehmen! //
Interview: Robert Fischer
Foto: Magdalena Blasczcuk
Live-Termine:
07.12. Bühne Mayer, Mödling (Ernst Molden & Das Frauenorchester)
11.12.2019 Hopfen & Malz, Wien (Der musikalische Adventkalender)
12.12.2019 „Lieder ins Dunkel“ CD-Präsentation u.a. mit Sibylle Kefer
19.12. Porgy & Bess (Ernst Molden & Das Frauenorchester)