Interview mit Hanibal Scheutz von der Wiener Soulband 5/8erl in Ehr'n über das Album "Yeah Yeah Yeah".
Die Wiener Soulband 5/8erl in Ehr’n steht seit jeher für eine musikalische Dichte und einer polyrhythmischen Experimentierfreudigkeit, die es von Album zu Album schafft, musikalische Glätte und menschliche Kälte zu umgehen.
Ihr sechstes Studio-Album "Yeah Yeah Yeah" (Viennese Soulfood Records) reiht sich in ihre Diskografie harmonisch ein, und ist dennoch ein Novum, da die Band erstmals ein Album im eigenen Studio produziert, aufgenommen, editiert und gemischt hat.
Seit bereits 14 Jahren gibt es 5/8erl in Ehr’n, namentlich Max Gaier, Miki Liebermann, Hanibal Scheutz, Robert Slivovsky, Clemens Wenger, und auch auf ihrem neuen Album überraschen sie uns mit ihrem Wiener Soul, der wie selbstverständlich erweitert wird, sei es mit einem Beethoven’schen Kunstlied, sei es mit dem Groove der marokkanischen Gnawa, mit einem Selbstoptimierungs-Reggae, mit Hawaiigitarren-Rumba, mit Fahrstuhljazz, Pop oder einem Wohlfühl-Afro-Cuban. Letzterer dient der inhaltlichen Nullaussage "This is a political message", dessen Nachsatz "Yeah Yeah Yeah" zum Albumtitel geworden ist. Und so wie es musikalische Variablen auf dem Album gibt, so sind eben auch die Texte eine schöne Herausforderung zum Näher-Hinhören. Ihre lyrische Anmut beginnt mit einer radikalen Neudichtung vom "Erlkönig" im Eröffnungslied "OE24" und begibt sich in Folge auf Hymnen- und Schlager-Text-Spuren, sowie auf die Große-Liebe-Ode bis hin zum improvisierten Jazzgesang - dem Scatting. Möglicherweise ist gerade diese stete Weiterentwicklung der Grund, warum 5/8erl in Ehr’n über einen derart langen Zeitraum bestehen kann. Ganz genau weiß es auch der Bassist Hanibal Scheutz nicht, der während der Corona-Isolation heraus telefonisch erreichbar war: "Ich weiß es auch nicht ganz genau, aber ich glaub, es passiert alles auf einer gewissen Gesprächsbasis, die wir gepflegt haben über die Jahre. Wir haben bald erkannt, dass die Dinge, die nicht funktionieren in unserem Gefüge, angesprochen gehören und dass man die wirklich hart ausdiskutieren muss, weil sonst kommt man nicht weiter. Irgendwer bleibt immer auf der Strecke in der Band bei so vielen Leuten. Es bilden sich immer gewisse Grüppchen, die zusammenhalten, und diese ganzen Dinge muss man sehr schnell durchbrechen oder auflösen. Das tut oft auch sehr weh, aber es bringt einem insofern weiter, weil man dann draufkommt, was man auch schätzt aneinander. Wir haben uns sowohl kritisch, positiv und negativ gegenüber geäußert. Auf lang gesehen bringt es das irrsinnig. Es geht sehr freundschaftlich, aber auch sehr direkt zu. Das ist, glaube ich, das Geheimnis."
Band mit Alleinstellungsmerkmal
Was sie aber genau wissen ist natürlich, was sie gemeinsam als Band geschafft haben; die Entwicklung dieses speziellen Sounds, das ein Alleinstellungsmerkmal mit sich brachte. Nicht viele Bands können so wie 5/8erl in Ehr’n in so viele musikalische Gefilde abbiegen. Wie generell die Lieder auf "Yeah Yeah Yeah" entstanden sind, beschreibt Hanibal Scheutz folgendermaßen: "Lange Zeit waren drei Leute in der Band, die die meisten Lieder geschrieben haben, aber auf diesem Album ist es wirklich so, dass von jeder Person in der Band genug drin ist. Zu einem Fünftel von jeder Person. Deswegen ist das Album auch so vielfältig geworden, dass es in so viele verschiedene Genres abbiegt und trotzdem zusammenpasst." Anders war allerdings die generelle Herangehensweise, um das Album zu machen. In der Vergangenheit sind viele Lieder der Band zunächst einmal live erspielt worden. Für dieses Album hat sich die Band in der Vorproduktion viel Zeit genommen, sodass die Songs bei den tatsächlichen Aufnahmen praktisch fertig waren. "Deswegen sind wir jetzt auch so zufrieden, weil das so einen organischen Verlauf hatte und wir auch so viel Zeit hatten. Das braucht man nämlich, um ein Album aufzunehmen." Das Album ist auf CD, Vinyl und digital erhältlich. Die Band führte aufgrund der Corona-Krise große Diskussionen zum Thema Streaming und hat sich entschieden, mehr Material von ihren Alben Online zu stellen, "weil wir der Meinung sind, dass man den Leuten, die das hören wollen, auch nicht vorenthalten soll." Im Gegensatz dazu und damit es zu einem bestmöglichen Vinyl-Klangbild kommt, entschied sich die Band weniger Lieder auf die Vinyl-Ausgabe zu pressen. Mittlerweile greift der Großteil ihrer Fans zunehmend mehr auf Vinyl. Hanibal Scheutz: "Man muss leider sagen, dass dieser CD- und MP3-Verkauf komplett eingebrochen ist. Wir haben aber das Glück, und dafür sind wir sehr dankbar, dass wir uns so ein Genre erschaffen haben, wo ganz junge Leute, die nur mehr streamen, genauso zu unseren Konzerten kommen, wie Menschen, die noch einen CD-Player daheim haben, und auch Vinyl-Liebhaber, die sich soundso nur Vinyl kaufen. Also bei uns gibt es von bis alle noch." //
Text und Interview: Manfred Horak
Foto: 5/8erl in Ehr'n @ Instagram