Das Songwriter-Duo GalvinSko punktet mit poetischen Texten und einem puristischen Ansatz. Durch welche Höhen und Tiefen sie gehen mussten, um ihr Debüt-Album World in a nutshell zu eröffentlichen, erzählen Elke Galvin und Harald Skorianz im Interview.
Kulturwoche.at: Aus Gesprächen weiß ich, dass eure Debüt-CD eine ziemlich lange Entstehungsgeschichte hat. Könnt ihr das bitte ein bisschen näher beschreiben?
Harald Skorianz: Es war ein langer Weg mit vielen Höhen und Tiefen. Angefangen hat alles 2011. Da haben wir schon erste Aufnahmen gemacht. Dann ging es los: Tod meines Vaters, Scheidungen, Wohnungssuche, Hochwasser im Proberaum und ein Mischpult, das komplett "untergetaucht" war, dann brannte uns das Dach über dem Kopf ab, Umzug in eine winzige Notwohnung, das gerettete Equipment und unsere Möbel verbrachten die Zeit in einem Heustadel. Dann zurück in die renovierte Wohnung und alles wieder neu aufgebaut.
Elke Galvin: Völlig überraschend haben wir unser Traumhaus mit Platz für ein Tonstudio im Keller gefunden, und es Hals über Kopf gekauft und renoviert. Eingezogen sind wir genau einen Tag vor unserer Hochzeit! Kaum hatten wir dort Ruhe im eigenen Studio, konnten wir uns endlich auf die Fertigstellung des Albums konzentrieren.
Harald Skorianz: Dazu mussten all die Song-Stücke, die wir irgendwann "unterwegs" aufgenommen hatten, erst organisiert und wieder brauchbar gemacht werden. Es war eine turbulente Zeit. Die Aufnahmen für das zweite Album verlaufen hoffentlich ruhiger.
Wie und wann ist die Band GalvinSko entstanden?
Elke Galvin: Ich hatte 2011 eine Damenband, deren Gitarristin ausstieg. Also engagierte ich Sko als Gitarristen, der mit dem Rücken zum Publikum stehen würde und mit seinen Locken wie eine Dame aussehen sollte. Irgendwie ging das Konzept schief, und auf einmal stiegen alle Damen aus der Band aus. Übrig blieben Sko und ich.
Harald Skorianz: 2011 habe ich eine Bassistin oder Bassisten gesucht. Ein Freund hat mir Elke vorgeschlagen. Ich hatte in den letzten Jahren so viele Bassisten und Drummer gewechselt, dass ich etwas müde war. Daher habe ich mich damals auch nicht gleich bei Elke gemeldet. Nach einer oder zwei Proben hat dann auch mein damals aktueller Drummer in ein anderes Bundesland gewechselt, aber Elke blieb.
Was macht euer gemeinsames Musikmachen aus?
Elke Galvin: Wir ergänzen uns gut und haben ein ähnliches Empfinden, wie ein Musikstück klingen soll. Früher, mit anderen Musikern, musste ich unheimlich viel Zeit darauf aufwenden, zu erklären, wie ich mir einen bestimmten Song oder Teil eines Songs vorstellte. Sko ging es ähnlich. Bei uns beiden war das von Anfang an anders. Der oder die eine macht was, und der oder die andere versteht auf Anhieb, was gemeint ist.
Harald Skorianz: Wir sind immer wieder verwundert was so aus uns raussprudelt! Das Tolle ist, wir müssen uns nicht musikalisch verbiegen. Haben keinen Druck von außen, können unsere Kreativität voll ausleben. Daher dürfen wir uns erlauben, einfach anders zu klingen.
Wie entstehen die Songs? Komponiert ihr gemeinsam?
Harald Skorianz: Manchmal gemeinsam und oft auch getrennt. Man kann ja nicht bestimmen, wo einem etwas einfällt. Meist sind es irgendwie "blöde" Orte, an denen man die Idee nicht festhalten kann. Manchmal passiert es auch mitten in einer Probe - ein Riff ist plötzlich da. Derweil ich es aufzeichne ist Elke schon um die Ecke und bastelt Lyrics und Gesang.
Elke Galvin: Oft hat der eine eine Idee und spielt oder singt sie dem anderen vor, und der greift sie auf und verarbeitet sie weiter. Richtig gemeinsam geschrieben haben wir "Me" und "Monsters Following Monsters". Da kam alles gleichzeitig und recht schnell. Sonst ist es oft so, dass Sko mir eine Datei mit Riff und Songstruktur abspeichert, und ich Lyrics und Gesangspart dazu schreibe, wenn ich inspiriert bin. Oder ich schreibe Lyrics und Akkorde am Klavier, und Sko entwirft den Gitarrenpart dazu, ein tolles Riff. Jeder Song kommt ein bisschen anders auf die Welt.
Erzählt bitte etwas über zwei Stücke des Albums, die euch besonders am Herzen liegen?
Harald Skorianz: Also, "Frozen Heart" liegt mir am Herzen. Das passt perfekt, oder? Aber es ist wirklich so, denn diesen Song haben wir auf einem alten Roland 8 Track Recorder aufgenommen. Das Ergebnis war dann so gut, dass dieser Song die Referenz für alle anderen Songs war, was den Sound betrifft. Noch dazu haben wir da ein Cello ausgeborgt obwohl keiner von uns beiden Cello spielen kann. Aber wir haben es geschafft. Auch wenn der Bogen immer wieder zu kurz war. Aber auch "Love Machine" ist interessant. Den Rhythmus macht hier eine Stahltür einer alten Selchkammer, eine Fahrradpumpe und Handflächen die über eine Snare reiben. Wir haben bei allen Songs immer die Sounds durchgehend eingespielt. Im Booklet kann man Fotos sehen wie ich die Hebel der Türe bewege. Das Mikro steht davor. Ich kann euch sagen, das geht aufs Kreuz (schmunzelt)!
Elke Galvin: Diese Frage, ist ein bisschen, als würde man gebeten, unter 10 Kindern zwei Lieblingskinder zu benennen. "Monsters Following Monsters" ist so ein eigenartiges Stück, das irgendwie plötzlich da war. Ich liebe den schrägen Bass, den Groove und die lyrics. "Tread softly, so softly, for you tread on my nightmares...", und: "I've always thought my neuroses are a nice quick summary of me". Und das zweite ist "The Alder Tree" - so sparsam, so entschleunigt, mehr Atem als Ton, wie aus einer anderen Zeit und Welt.
Was bedeutet der Titel der CD "World in a nutshell"?
Elke Galvin: Songwriting wie wir es verstehen ist immer ein in verdichtete Sprache und Musik gegossenes Konzentrat unserer Welt. Bei relevanter Kunst verweist der Blick aufs Kleine, Einzelne immer aufs große Ganze. Insofern spiegeln wir in dieser kleinen Nussschale unseres Mikrokosmos die ganze Welt.
Harald Skorianz: Die Texte aller 10 Songs sind ja Ausschnitte aus unserer kleinen Welt.
Wo hat euer erstes Konzert stattgefunden?
Harald Skorianz: Ich glaube als Duo waren wir das erste Mal bei einer privaten Feier eines bekannten Kärntner Fotografen engagiert.
Elke Galvin: Unseren ersten gemeinsam geschriebenen Song stellten wir in einem Kulturwirtshaus in Althofen vor, das war "Stop the Flow".
Ihr spielt regelmäßig live. Gibt es von den Konzerten her vielleicht eine Anekdote? Ist einmal etwas Besonderes passiert?
Elke Galvin: Da gibt es genug! Lustig war es im Republic in Salzburg. Wir spielten eine gut besuchte Matinée und waren gerade mitten in einem emotionalen Song, ich hatte die Augen geschlossen - und als ich sie aufmachte, war das Publikum verschwunden! Weg! Nur leere Sessel! Des Rätsels Lösung war, dass die Sonnenterrasse des Republic nach drei Wochen Regen wieder geöffnet hatte, und das gesamte Publikum nach draußen übersiedelt war. Wir spielten noch drei Stunden lang für unser "verschwundenes" Publikum, den Applaus hörten wir von der Sonnenterrasse. Nachher kamen die Leute und sagten uns, wie sehr sie es genossen hatten, uns in der Sonne sitzend zuzuhören. Das "50 Jahre Woodstock" Festival in Wien war auch toll - ein Open Air in einem Wiener Park, hunderte Leuten, die gemütlich auf der Wiese saßen und lagen. Die Atmosphäre war großartig!
Harald Skorianz: Es gibt aber auch weniger schöne Vorfälle - einmal sind wir für ein Open-Air-Festival nach Tirol gereist, und beim Soundcheck brach ein sintflutartiges Gewitter aus. Unser Gig musste abgesagt werden. Wir standen zwar auf der Bühne, aber nur, um gemeinsam mit anderen Musikern verzweifelt Planen über dem Equipment festzuhalten, während Wasser und Sturmböen wie in einer Waschanlage aus allen Richtungen kamen und sich die idyllische Festivalwiese in eine Schlammhölle verwandelte.
Wie geht es euch während der Pandemie?
Harald Skorianz: Ich verbringe viel Zeit im Studio. Das nächste Album wird ja etwas rockiger. Das ist eine echte Herausforderung, wenn wir alles alleine machen.
Elke: Ich war während des Lockdown lang krank und hatte Atemprobleme - was auch immer das für ein Infekt war. Ausgerechnet an dem Tag, als es mir am Schlechtesten ging, wurde unser Album geliefert, und ich hatte damals null Energie, mich über sie zu freuen. Jetzt geht es wieder mit dem Singen, und das zweite Album ruft!
Im Booklet habe ich gelesen, dass dein Vater beim Musikmachen für Sko eine wichtige Inspiration war - warum?
Harald Skorianz: Die besondere Inspiration für mich war, dass ich mit Musikinstrumenten aufgewachsen bin. Mein Vater hatte immer eine Mundharmonika in der Hosentasche. Egal wo er hinging. Außerdem spielte er gerne in Gesellschaft seine Steirische Harmonika. Auch sein Vater - mein Großvater - spielte die Steirische und das hauptsächlich in Gesellschaft, zur Unterhaltung und zum Spaß. Dabei hat er sich oft auf die Harmonika gesetzt und sie dann gespielt. Mein Vater hatte somit hauptsächlich die Musik, das Musik machen im Fokus. Es ging dabei nie ums Geld verdienen. Das hat mich sicher geprägt. Mir geht es eben einfach darum, mich mit der Musik auszudrücken. Ich fühle mich beim Gitarre spielen einfach wohl.
Wie lauten eure Zukunftspläne?
Elke Galvin: Weiter Songs schreiben, weiter Alben aufnehmen. Hoffentlich bald wieder live auf Bühnen spielen. Filmmusik würde uns auch reizen - vielleicht liest ja wer dieses Interview, der wunderschöne Musik für seinen Film sucht. Jede Rückmeldung, dass wir jemandem mit unserer Musik Freude gemacht oder jemanden zu Tränen gerührt haben, bestärkt uns.
Harald Skorianz: Wir wollen natürlich das Album präsentieren, arbeiten aber gleichzeitig schon am zweiten Album. Das erste Album hätten wir gerne als Vinyl ebenfalls heraus gebracht, jedoch kam uns da Corona dazwischen. Vielleicht klappt es ja noch oder wir machen aus dem zweiten Album eine Vinyl Scheibe. //
Interview: Robert Fischer
Fotos: GalvinSko