Das Jazzfestival Saalfelden 2023 findet von 17. bis 20. August statt. Zu hören sind 176 Künstler:innen aus fünf Kontinenten.
Jazzfestival Saalfelden 2023
Mit Lukas König eröffnet heuer ein Musiker das Festival auf der Hauptbühne, der vielen als kreatives Naturereignis zwischen Wucht im Beat, Free Jazz im Geiste und FX-Multieffekte in den Pedalen gilt. "Vorrangig Drummer”, rappt Lukas König obendrein und spielt dazu manchmal Synth-Bass und sogar Trompete, der bereits mit Musiker*innen von Dublin über Swaziland bis Mexiko auf der Bühne stand. Ein außergewöhnlicher Auftakt, der dem Jazzfestival Saalfelden alle Ehre macht, so auch, wenn das 18-köpfige Ralph Mothwurf Orchestra beim Festival aufspielt. Mit dabei, neben dem namensgebenden Leiter und Komponisten, ein Who-is-Who aus der hiesigen freien Szene, wie u.a. Joanna Lewis, Emily Stewart (beide violin), Jelena Poprzan (viola), Martin Eberle (soloist, trumpet), Yvonne Moriel (saxophone), Benny Omerzell (keys), Andreas Lettner (drums). Deren Debüt-Album "Zeit“ wurde von Deutschlandfunk zum Album des Jahres 2021 gekürt ob seiner Fusionierung von zeitgenössischer Moderne und improvisierten Musikformen. Konträr dazu - zumindest was die Besetzung anbelangt - sind wohl die zwei Piano-Trios des Argentiniers Leo Genovese und des australischen Trio Brekky Boy. Letzteres macht instrumentalelektronischen Jazz, der dieselben Emotionen wecken soll, wie ein japanisches Animé, und manchmal auch wie Glühwürmchen in einer sternenklaren Nacht, also irgendwie überraschend, absurd, dramatisch und witzig.
Große Erwartungen können auch für den Auftritt des argentinischen Pianisten Leo Genovese gesetzt werden, der bereits mit Jazz-Koryphäen wie Esperanza Spalding, Terri Lyne Carrington, Jack DeJohnette oder Wayne Shorter musizierte. Gespannt sein darf man auch auf das Sextett von Anna Högberg. Seit gut zehn Jahren schreibt die bandleadende Alt-Saxophonistin aus Nordschweden schöne, melodische Linien und Grooves mit energischem Free Jazz Aspekt für diese Besetzung. Mit spannenden Kompositionen und Konzepten wartet auch das US-amerikanische Lux Quartet mit Myra Melford (piano), Allison Miller (drums), Dayna Stephens (sax) und Scott Colley (bass) auf, das mit ihrer Funkensprühender Spiellaune weltweit das Jazz-Publikum in Staunen und Entzückung versetzt. Ähnliches gilt für das amerikanisch-polnische Quintett von Dave Douglas, der sich mit seinem neuen Quintett mit u.a. Stardrummer Joey Baron "Songs of Ascent“ aus dem Alten Testament widmet. "Jeder springt auf einen fahrenden Zug auf“, erklärt der Leader das Bandkonzept. "Es ist sowohl eine spirituelle als auch eine musikalische Aussage.“ Mit Rob Mazurek ist auf der Mainstage beim Jazzfestival Saalfelden auch ein multi-disziplinärer Künstler zu hören, der laut bestofjazz.org, "einen einzigartigen Sound, der stark archaisch und von Schwere erfüllt ist, gleichzeitig aber auch vor Liebenswürdigkeit und Hoffnung versprüht.“ Seine Urquelle an Inspiration erhielt Rob Mazurek als Teenager vom intergalaktischen Jazz von Sun Ra, mit seiner Formation Fathers Wing ist er ebenfalls längst ein "Abstractivist“, den live zu hören bereits der Besuch des Saalfeldener Festivals lohnt.
Artist in Residence Michiyo Yagi
Im Rahmen des Artist in Residence Programms wurden in diesem Jahr der Schweizer Vocalist Andreas Schaerer und die japanische Koto-Spielerin Michiyo Yagi ausgewählt. Der Japanerin wird nachgesagt, dass niemand dieses in Europa noch immer zu selten gehörte Instrument in der internationalen Improvisations-Szene so spielt wie sie. Seit ihrem sechsten Lebensjahr studiert die Ausnahmemusikerin aus Tokoname die Koto, hat darauf auch Rock, Avant-Pop und mit John Zorn, Bill Laswell, Billy Bang oder Peter Brötzmann gespielt. In Saalfelden ist sie daher mehrmals auf ihren 21- and 17-string kotos, electronics und Stimme live zu hören. Einmal mit dem Drummer und Perkussionisten Hamid Drake auf der Hauptbühne, zweimal mit ihrer elektronischen Formation Dōjō, einmal mit dem norwegischen Jazzgitarristen und Elektroniker Eivind Aarset und außerdem mit dessen Landsmann Ingebrigt Haker Flaten am Bass. Unter den verschiedenen Veranstaltungsorten befindet sich unter anderem das Congress Saalfelden, das Kunsthaus Nexus und die Otto-Gruberhalle, eine leerstehende Industriehalle aus den 1950er Jahren. Am Programm vom Jazzfestival Saalfelden 2023 stehen aber auch Konzerte im Wald, auf Almen und auch musikalische Wanderungen mit dem österreichischen Musiker Lukas Kranzelbinder. //
Text: Manfred Horak
Fotos: Michael Geißler, Tatsuo Suzuki
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