Das titellose Debüt-Album von Sophie Zelmani aus dem Jahr 1996 zählt für mich heute noch zu den besten Alben im Singer/Songwriter-Bereich.
Sophie Zelmani und ihre Erinnerungen
Ihre nachfolgenden Alben erreichten diese Qualität nicht ganz, auch wenn sie deutlich über dem Durchschnitt blieben im Vergleich zu dem was sonst so veröffentlicht wird und allgemein ein Balsam gegen den Irrwitz dieser Welt sind. Jetzt aber.
Jetzt aber schaffte Sophie Zelmani, die schüchterne und zurückgezogen lebende schwarzhaarige Sängerin, Gitarristin und Liedermacherin aus Schweden das Debüt-Album zu toppen. Und wie auch noch. Stark melancholische bis ausgereift düstere Lieder, vorgetragen jedoch ohne Wehmut und tollpatschigen Selbstmitleidsallüren, die zum Teil in ihrer Fragilität wohltuend an Nick Drake erinnern, sind die großen Stärken der Schwedin. Auf dem Album „Memory Loves You“ befinden sich zehn Lieder, vollgepackt mit dunkler Rauheit, zerbrechlich wie ein Spiegel, stark wie ein Löwe und groß wie ein Mammutbaum. Ihre Gesangsstimme ist besser denn je, und auch die auf „Memory Loves You“ zu hörenden Melodien sind eine Klasse für sich. Einprägsam und dabei behutsam bleiben sie haften.
Herausragend dabei das dritte Lied am Album, „Broken Sunny Day“, mit einem unglaublichen Gitarrensolo und der ewigen Textzeile „What was once my excuse/Must be the same again I’ll use“. Herausragend auch das vollkommen entrückte „Love On My Mind“ mit einem Text, bei dem man sich um das Wohlergehen der Sängerin fürchten muss und musikalisch eine geniale Opulenz aufbietet. Fast unhörbar schleicht sich das Lied in die Gehörgänge, während sie über Gottes Strenge lamentiert, die ihr keine Liebe zulässt, bis es zum Ausbruch der Gefühle kommt – wortlos, denn diesen Part übernimmt ihre Band. Nachdem die Emotionen am Höhepunkt angelangt sind fallen diese musikalischen Hoffnungsstrahlen wie nichts in sich zusammen, ihr von Wortkargheit getragenes „Oh, my Lord“ entbehrt danach jeglicher Hoffnung, als wäre es ein tiefer Fall in die Sinnlosigkeit der Existenz: „Oh, my trust/Why don’t you help no more“, fleht sie, „I had love on my mind“.
Das darauf folgende „Travelling“ bringt sie hingegen wieder zurück ins relativ unbeschwerte Leben. Für Zelmani-Verhältnisse schon fast so etwas wie ein Rocker. Hier läuft nichts falsch, singt sie, aber auch, dass alles schnell gehen muss um fröhlich bleiben zu können, kurzum: „This ain’t the time to suffer“. Generell gilt: Die in sich bergende Intensität auf „Memory Loves You“ kam mir in dieser Meisterklasse zuletzt auf dem Lambchop-Album „Is A Woman“ unter. Sophie Zelmani dringt tief in die Stille ein, kratzt mit ihrer zauchharten Stimme. Lieder wie ein dunkler, tiefer, unergründlicher See. Magisch. Unverzichtbar. (Manfred Horak)
CD-Tipp:
Sophie Zelmani - Memory Loves You
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Musik: @@@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Epic/Sony BMG (2007)
Link-Tipp:
HP von Sophie Zelmani