Er ist "der Blockbuster der radikalen Mitte" und wird gerne mal "Onkel Andi" oder mal "Reverend Rebers" genannt. Gemeint ist natürlich Andreas Rebers, dessen aktuelles Programm ganz lapidar "Rebers muss man mögen" heißt. Manfred Horak traf den Kabarettisten im virtuellen Frage-Antwort-Austausch.
Kulturwoche.at: Dein erstes Soloprogramm trug den Titel "Realitätsverluste". Das war 1991. Seither gab es in regelmäßigen Abständen etliche weitere Soloprogramme. Ist es für Dich einfacher ein neues Programm zu erarbeiten oder sich vom alten zu trennen, und generell, was bedeuten Dir die früheren Programme heute noch?
Andreas Rebers: Bei mir ist es so, dass ich eigentlich immer dasselbe Programm spiele, weil ich doch auch immer dieselben Fragen habe. Und nun versuche ich diese Fragen und die damit verbundenen Gedanken immer weiter zu verdichten und zu veredeln. Das ist wie Schnaps brennen. Und ich freue mich auf mein allerletztes Programm. Das wird ein riesen Rausch.
Was ist für Dich der Reiz auf der Bühne zu stehen?
Vermutlich ADHS.
Gibst Du Dir bei Auftritten - quasi dem Ruf der Spontaneität folgend - Platz und Raum für Text-Improvisationen? Gönnst Du Dir eine Freiheit, indem Du die Struktur eines jeweiligen Programms lockerst?
Jeder spontane Einfall ist ja auch ein Unfall. Dadurch bleibt man eben aufmerksam und das Programm frisch.
Die größte Konkurrenz eines politischen Kabarettisten ist die Politik. Wirklichkeit und Satire sind in der Politik oft genug nur sehr schwer zu unterscheiden. Warum bist Du Kabarettist und nicht Politiker geworden?
Kabarett macht einfach mehr Spaß.
Du warst Bandmitglied einer "Stimmungskapelle", Du hast Akkordeon studiert und Du warst Musikalischer Leiter am Staatstheater Braunschweig, dennoch, um an die vorhergehende Frage anzuknüpfen: Bist Du in der Schulzeit, als Jugendlicher, oft ins Kabarett gegangen und war es für Dich dann irgendwann klar, dass Du ebenfalls Kabarettist wirst?
Als junger Mensch - und früher war ein junger Mensch noch ein junger Mensch - hatte ich mit Kabarett gar nix zu tun. Das alles war eine lange durchdringende Entwicklung. Irgendwann habe ich gewusst, dass ich im Kabarett die meiste künstlerische Freiheit habe und mehr habe ich nie gewollt.
Das erste politische Kabarett in Deutschland und eines der ersten deutschen Kabaretts in Deutschland überhaupt waren "Die Elf Scharfrichter" mit u.a. Frank Wedekind, die bis 1904 aktiv waren. Etwas später kam dann Karl Valentin und (um es abzukürzen) noch viel später dann ein Hanns Dieter Hüsch, Wolfgang Heuss, Heinz Erhardt (um nur ein paar ganz wenige zu nennen). Kannst Du damit heute noch etwas anfangen und gibt es da welche, in deren Fußstapfen Du treten wolltest (bzw. getreten bist)?
Mir waren die Österreicher immer lieber. Also der Qualtinger und der Kreisler vor allem. und wenn es um die Deutschen geht, war der Neuss mir am Nächsten. Da ich aber am Liebsten am lebenden Objekt studiere muss auch noch der Hader her.
Was ist für Dich ein absolutes No-Go, wenn Du auf der Bühne stehst?
Populismus und Lobbyismus.
Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek schrieb zwei ergänzende Texte zu ihrem Flüchtlingswerk "Die Schutzbefohlenen" (kann man zur Gänze Online lesen auf elfriedejelinek.com), Udo Lindenberg präsentierte kürzlich live sein neuestes Lied über Flüchtlinge, "Wir werden jetzt Freunde", Du hast bei Nuhr im Ersten über Flüchtlinge in Deutschland gesprochen. Die Liste lässt sich beliebig fortführen. Was ist Deine Motivation, das Publikum mit diesem Thema auf Deine Art zu konfrontieren und, ganz allgemein, welche Problemlösung wünschst Du Dir?
An der Oberfläche ist mir zurzeit die Liebe etwas zu billig. Da greifen, wie auch in der Politik und das, was sich um sie herum aufbretzelt, die ganz dünnen Verhaltensmuster. Und wenn es dünn wird, werd ich misstrauisch. Wenn sie einmal durch die deutschen Landesregierungen oder die Kommunen gehen, werden sie feststellen, dass in allen möglichen Konstellationen regiert wird. also Grün-Rot, Rot, Rot-Grün, Schwarz-Grün, Schwarz-Rot ... und dann sehen sie, dass die jeweilige Opposition den Verantwortlichen vorwirft unfähig zu sein, Flüchtlinge zu quälen, usw. - Auf den Punkt gebracht kritisiert sich jede einzelne Partei selbst für das was sie tut. Kompliziert - aber wahr. Was ich zu diesem Thema auf der Bühne dazu mache findet sich schon in der ersten Frage. Ich hatte 2008 ein Programm, das den Titel "Auf der Flucht" trug und als Flüchtlingskind, kenne ich mich auch ein bissi aus. Aber was nützt es? Das, was wir erleben ist der ewige Exodus. Wer mehr darüber wissen will, den erinnere ich an das zweite Buch Mose.
Die letzte Wahl bei uns, jene in Oberösterreich, hätten, so heißt es mehr oder weniger unisono von den politischen Parteien, die Flüchtlinge entschieden und alle Wahlverlierer bedauerten sich als Opfer globaler Verstrickungen. Wie lautet Dein Kommentar dazu?
Flüchtlinge entscheiden gar nichts, weil sie Opfer von Entscheidungen sind.
Wir leben in einer Zeit, wo wir aufgerufen sind, als Menschen zusammen zu rücken und wenn die Politik daraus Kabinettsstückchen macht um Mitwettbewerber einer Wahl zu diffamieren, sollten wir uns als Wähler fragen, warum wir diese Parteien nicht zum Teufel jagen.
Und was die globalen Verwerfungen betrifft; einen arabischen Frühling hat es nie gegeben. Diese Begrifflichkeit ist wieder einmal ein Kind westlich-medialen Wunschdenkens. Wir erleben nichts anderes als die Ouvertüre zum Dritten Weltkrieg. Als Sekundärliteratur empfehle ich "Kampf der Kulturen: Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert" von Samuel Huntington [Europa Verlag Hamburg, 1997; Anm.] und "Der Kampf der Häuptlinge" [aus der Asterix- und Obelix-Reihe, 1964; Anm.]. Die Frage ist eben nur noch: wo ist das Endspiel????
Abschließend bitte ich um ein paar Assoziationen zu folgenden Stichworten/Textzeilen:
- I'll know my song well before I start singin' (Bob Dylan)
+ Ist nicht meine Arbeitsweise. Siehe auch Frage 3.
- Angst
+ Gegenteil von Empathie.
- Soziale Medien
+ Habe ich keine Zeit für. Ich muss auffi auf den Berkch.
- 2016
+ Wenn ein Jahr zu Ende geht - genau wie es begann - geh ich davon aus, das nächste fängt genauso an!!
- Urheberrecht
+ Muss sein. Gerade auch bei "Mein Kampf".
- Rampenlicht
+ Die Crew im Stadtsaal Wien um Onkel Georg weiß was sie tut.
- Luxus
+ Ist das Gasthaus Blauensteiner schon Luxus?????
Vielen Dank und einen guten Aufenthalt in Wien!
Habe die Ehre,
Andreas Rebers
Live-Tipp:
Rebers muss man mögen
16.10.2015
Stadtsaal Wien (Beginn: 20 Uhr)
Die Fragen stellte Manfred Horak (10.2015)
Fotos: Janine Guldener.