Der Zeichentrickfilm Persepolis von Marjane Satrapi und Vincent Paronnaud ist zweifellos einer der meist gelungenen Filme des Jahres 2007. Ein Film, den man nicht oft genug sehen kann. Von Manfred Horak.
Krieg und Unterdrückung, Widerstand und Vergebung, Exil und die Suche nach Verständnis, nach Liebe, umgesetzt in einem ungemein spannungsreichen Balanceakt zwischen Düsternis und Ironie: Persepolis von Marjane Satrapi war bereits als autobiografisches Comic zu Recht ein Riesenerfolg, und dieser Erfolg sollte ihr auch – gemeinsam mit Filmpartner Vincent Paronnaud – mit der Verfilmung gelingen. Handelte Teil Eins Eine Kindheit im Iran (2004; Ueberreuter) von Satrapis eben solcher, beginnend im Jahr 1979, so erzählt die Autorin im Nachfolgeband Jugendjahre (2007; Ueberreuter) von ihrer mehrjährigen Emigration nach Wien und der Rückkehr in den Iran. Die Verfilmung – ebenfalls im Comic-Format – verknüpft diese beiden Teile in Spielfilmlänge. "Ich erzähle", so Satrapi, "die große Geschichte anhand der kleinen Geschichte." In knappen, aber umso bemerkenswerteren Dialogen, rollt die Autorin, Zeichnerin und Filmemacherin, die politische Geschichte des Irans auf, berührt sensorisch mit Anekdoten und bruchstückhaften Erinnerungen von Schicksalen aus dem Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreis und wühlt in ihren eigenen – zunehmend tieferen – Wunden. Alltägliche Anekdoten sind es, die Satrapi aufgreift, um ein viel sagendes Licht auf die Ereignisse zu werfen, eingebettet in historische Zusammenhänge. "Persepolis" ist ein Statement. Verlangt wird nicht viel - einfach mehr Respekt. Zu finden ist dies weder in der islamischen Revolution und noch weniger freilich während des Iran-Irak-Krieges als Kind einer gebildeten linken Mittelstandsfamilie mit hochadligen Wurzeln noch als Iranerin in Wien, wo sie letztendlich in eine tiefe Depression fällt und lieber wieder in den zerrütteten Iran zurückkehrt als in Wien zu bleiben, das ihr ebenso wenig Sicherheit bietet. Die wirkungsvollen Zeichnungen verleihen dem Film eine Unwiderstehlichkeit der Geschichte zu folgen, mehr noch, eine Glaubwürdigkeit und Kraft mit einer ungemeinen Intensität und Dichte, die mit realen Bildern und Personen nicht zu bewältigen gewesen wäre. (Manfred Horak)
Film-Infos:
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Drehbuch Marjane Satrapi
Schnitt Stéphane Roche
Ton Thierry Lebon
Musik Olivier Bernet
Ausstattung Marisa Musy
Stimme Gabrielle Lopes, Chiara Mastroianni, Catherine Deneuve, Simon Abkarian, Danielle Darrieux
Verleih in Österreich: Polyfilm Verleih
Buch-Tipp:
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Marjane Satrapi – Persepolis: Jugendjahre
Verlag: Ueberreuter
ab 14 Jahren
160 Seiten
Preis: 9,95 Euro
ISBN: 978-3-8000-5402-2