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flieger-amazonienDie Unendlichkeit des Himmels oder die Sehnsucht des Dokumentarfilmers nach dem Spielfilm. Die Doku "Flieger über Amazonien" von Herbert Brödl liefert beeindruckende Einblicke in die beinharte Alltagsrealität eines Traumberufs.

 

 

 

 

Verführerische, poetische Kraft

Die Bilder sind schlicht überwältigend. Unglaubliche, schier endlose Wald- und Flusslandschaften. Das Gebiet deutlich größer als die Europäische Union. Fliegen als die einzige Möglichkeit, größere Distanzen zu überwinden. Für Post- und Kurierdienste, ärztliche Notfälle, Ersatzteillieferungen und Familientragödien. Wenn der gelbe Fluss über Kilometer direkt neben dem schwarzen Wasser dahinströmt, flieger-amazonien01ohne sich zu mischen, wenn sich majestätische Felsspitzen aus dem grünen Unendlichen erheben, oder das Wasserflugzeug gegen das Ufer dahinplätschernd anlandet, dann packt mich das Fernweh und die Sehnsucht nach dem Erleben dieser aus der Größe resultierender unberührten Freiheit und Fremde. Hier entfaltet der Film Flieger über Amazonien seine größte, verführerische, poetische Kraft. Auch die dokumentarisch aus dem Off geschilderten Lebensgeschichten des "Abenteurers" und des "korrekten Piloten" sind spannend, liefern beeindruckende Einblicke in die beinharte Alltagsrealität eines "Traumberufs". Die lakonische Musik malt einen melancholischen Hintergrund zu der atemberaubenden Fliegergeschichte, lässt Zeit zum Verklingen, lässt die Zusehenden auch zu Atem kommen.

Ein grandioses Gemälde mit Rissen

Aber wenn Szenen aus dem Fliegerleben nachgespielt werden, bekommt das an sich grandiose Gemälde leider Risse. Die kleinen menschlichen Begebenheiten, nachgespielt, dann, wenn sich die Kamera nicht nur darauf beschränkt, Bilder einzufangen und eben zu dokumentieren, da wirkt die Szenerie auf einmal ein flieger-amazonien03wenig unbeholfen, ein wenig linkisch. Zu schematisch sind die Dialoge, zu hölzern das Agieren der Protagonisten, als dass der vom Regisseur angestrebte Grenzgang zwischen Dokumentarfilm und Spielfilm als gut gelungen bezeichnet werden kann. Die Sehnsucht des Autors, mehr zu erzählen, als die Wucht der Bilder und Lebensgeschichten von alleine hergeben, wird fühlbar, sichtbar. Aber sei es aus budgetären Gründen oder Zeitdruck oder eben wegen des gewagten Genrewechsels, hier wird der Film auf einmal lang und verliert seinen Sog. In Summe schöne Bilder für schwärmerisches Fernweh und die bewundernde Sehnsucht nach der Natur und dem Fliegen. Die (bewusste) Nicht-Entscheidung zwischen (der gelungenen) Dokumentation und (dem doch nur roh gebliebenen) Spielfilm nimmt aber dem Film viel von der berührenden Magie der luftigen, farbenreichen Geschichte aus Amazonien. (Text: Tristan Jorde; Fotos: (c) 2008 NGF)

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Film-Infos:
Flieger über Amazonien
Bewertung:@@@
Buch und Regie: Herbert Brödl
Geyrhalter Filmproduktion
Österreich, 82 Minuten
Filmstart: 5. Juni 2009