Von Blockwarten, Ersatzkrebssuppe und tanzenden Papierservietten wird ein bisschen erzählt. Und überhaupt: Der Kinofilm "Die Entdeckung der Currywurst" unter der Regie von Ulla Wagner nach einer Novelle von Uwe Timm mit Barbara Sukowa, Alexander Khuon, Wolfgang Böck ist ein bisschen von allem. Ein bisschen Filmkritik von Tristan Jorde.
Die Geschichte wäre nett. Inmitten des Wahnsinns des zu Ende gehenden Zweiten Weltkriegs behauptet sich die adrette Endvierzigerin Lena in einem Restaurant mit Ersatzspeisen. Mit ihrem Alltagswitz und ihrem Organisationstalent schafft sie es, sich zwischen Lebensmittelbehörde, Endkampffanatikern und Blockwarten so schlecht und recht durchs kriegsgeschädigte Hamburg zu schlagen. Mann und Sohn sind irgendwo im Krieg, keiner weiß, ob und wann sie wiederkommen. Da läuft ihr der heimkommandierte Marinesoldat Hermann über den Weg, der die beiden vom Propagandakino über den Luftschutzkeller bis zum heimatlichen Matratzennest - bildlich ein Floß - führt. In ihren Armen beschließt er zu desertieren, versteckt sich, sie versteckt ihn und weil es grad so schön ist in ihrem neuen Abenteuer, verschweigt sie ihm auch noch das tatsächliche Kriegsende, um die Zeitspanne bis zu seinem Abgang zu dehnen. Es kommt, wie es muss, der Friede erreicht auch ihre Dachkammer, er verschwindet zu seinen Lieben und auch Lena bekommt wieder ihre Familie. Doch diese kurze Amour fou hat sie gründlich verändert. Auf eigenen Beinen stehend übernimmt sie eine eigene Würstchenbude und erfindet nebenbei die Currywurst, unserer nördlichen Nachbarn liebstes Imbissteil.
Es spricht gar nichts dagegen, sich dem Irrsinn dieser Zeit auf einer sehr privaten Ebene zu nähern, aber so lau, wie dies in diesem Film geschieht, dehnt sich das, was poetisch sein soll, zur Überlänge. Und eigentlich bleibt alles im Halben stecken. Der Blockwart ist ein bisschen böse, der Gestapo Beamte ist ein bisschen unangenehm, die Liebe von Lena und Hermann ist ein bisschen leidenschaftlich und ein bisschen unglücklich, der Bombenkrieg ein bisschen gefährlich und die Entdeckung der Currywurst ein bisschen zufällig.
Zweimal wird recht penetrant die Windmaschine am Set vor der Würstelbude angeworfen und die Requisiten werden heftig durcheinander gewirbelt. Diese plötzliche Heftigkeit ist störend und künstlich und hätte, in der Entwicklung der Geschichte geschickt eingesetzt, mich etwas tiefer hineingezogen. Und die Kamera, die dann bemüht verträumt den davonwirbelnden Papierservietten in Zeitlupe nachzieht, macht auch noch keine Poesie. So kommt die "Currywurst" nicht und nicht vom Fleck und dabei trotz der großen Barbara Sukowa über das Prädikat "ganz nett" nicht hinaus. (Text: Tristan Jorde; Fotos: Filmladen)
Film-Infos:
Die Entdeckung der Currywurst
Bewertung:@@@
DE 2008, 106 Minuten
Verleih: Filmladen Filmverleih (2009)
Regie: Ulla Wagner nach einer Novelle von Uwe Timm
Mit Barbara Sukowa, Alexander Khuon, Wolfgang Böck u.a.
Kinostart: 31.7.2009