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3faltigNach Filmen wie "Muttertag", "Hinterholz 8" und "Poppitz" oder der "Serie MA 2412" verbindet man mit dem Namen Sicheritz Komödien dunkelster Couleur. Er prägte das Bild des komischen Films Made in Austria in den letzten zwei Dekaden. Wenn er auch zwischendurch "ernst macht", bei "3faltig" tut er es sicher nicht.


Eigentlich sollte ich diese Aussage gleich wieder revidieren. Zwar muss man bei den Sicheritz-Komödien immer lachen, aber ihr Thema ist immer dasselbe und nicht eines, das üblicherweise dem Zwerchfell zusetzt: die menschlichen Abgründe. Es liegt wohl aber an der Art der Darstellung, ob einem wirklich das Lachen im Halse stecken bleibt oder man - gelenkt von den üblichen Verdächtigen Gesellschaftsnorm und Erziehung - doch nur verschämt zu Boden schaut, während einem unhaltbar der Bauch bebt.

Blasphemisch, dass es eine Freude ist

Das Setting der Handlung ist schnell umrissen. Das Triumvirat Vater, Sohn und der Heilige Geist führen ein gar nicht so transzendentes Leben. Die Existenz vor allem des Letztgenannten, eigentlich am wenigsten Greifbaren ist eine sehr profane: Er, Hage, verkauft Devotionalien vor einer Kirche in einem Alpenbergdorf und versorgt den Pfarrer mit aus China importierten Billigutensilien für den Gottesdienst. Es ist Heilig Abend und somit der perfekte Tag für das Erscheinen des zweiten Protagonisten. "Christl" Jesus von Nazareth steht langhaarig und in Sandalen vor der Tür und kündigt an, dass zu Silvester die Apokalypse terminlich fixiert ist. Das versetzt Hage in Rage. Nicht, dass es ihm um die Menschheit schade wäre, ihn bewegen kleingeistige Ziele: Zum Jahresende startet die Tour seines Musicals "Holy Spirit Megastar" und die will er sich nicht nehmen lassen. Er probiert also seinen Gast umzustimmen, damit sie mit einer Zwei-Drittelmehrheit gegen den Willen des "Papas" das drohende Armageddon abwenden können. Diese Überzeugungsarbeit läuft natürlich alles anders als geplant, gleichzeitig folgt die Persiflage damit aber biblischem Muster. Zur Läuterung (auf mehreren Ebenen) und Umkehr bedarf es persönlicher Erfahrungen und nicht nur guter Worte.

Expansion über die Landesgrenzen

Gespielt werden die Hauptrollen von Christian Tramitz (Heiliger Geist) und Matthias Schweighöfer (Jesus Christus), also von zwei Deutschen. Dahinter steckt sicher strategisches Kalkül. Der eine ist ein bekanntes Zugpferd seichterer deutscher Kassenschlager (man denke an den "Schuh des Manitu"), von Deutschen als lustig empfunden ob seines bajuwarischen Idioms und aus dem gleichen Grund auch Österreichkompatibel, der andere ein Star der Generationen bis 30, süß und sexy. Die altgedienten alpenländischen Possen-Helden stehen nur im zweiten Glied, geben aber ausreichend Schwärze, um den Film nicht zu einem Bully-Herbig-Derivat zu machen. Roland Düringer als Vorarlberger Nachtclubbesitzer Friedl, Alfred Dorfer als wunderbarer Pfarrer und Adele Neuhauser in der Rolle der tschechischen Haushälterin des Heiligen Geistes, Frau Holacek. Tramitz ist wie oft der "Normalo", Schweighöfer gibt den Jesus sehr alternativ, unerfahren, unschuldig und rein, sein Gegenpol ist dabei - alleine schon von der Kleidung - der misanthropische Friedl alias Roland Düringer. Dieser Gegensatz konstituiert sich in der wechselnden Ästhetik von Bergromantik und Natur und Nachtclub- und Musicalkulisse. Dieser Kontrast erzeugt Komik: Alleine der Transport der gegensätzlichen Akteure in die Lebenswelt des jeweils anderen sorgt für Unterhaltung. Ein Teufel im Himmel ist schlicht fehl am Platze, also skurril und damit lustig. Beim Thema 'Teufel im Himmel' oder besser 'Wolf im Schafspelz': Dass ein Dorfer in der Pfarrerskutte aufblüht ist nicht verwunderlich. Weniger noch, dass er am katholischen Hirten kein gutes Haar lässt. Natürlich wird hier überzeichnet, aber wohl auch zum Ausdruck gebracht, was viele - nicht erst seit den jüngsten Offenbarungen über das Gebaren der Kirchendiener (siehe "Muttertag") - schon länger denken: Sehr irdisch in den Gelüsten und nicht barmherziger als der Rest der Welt, eher weniger. Glanzpunkt der Charaktere ist, der darstellerischen Leistung wegen, eine Nebenfigur, nämlich die der Frau Holacek. Nicht nur sprachlich vollbringt Adele Neuhauser hier ein Meisterstück und zeigt ein weiteres Mal, wie wandelbar sie ist. Im Spiel mit jedem Partner überzeugt sie mit sichtbarer Lust.

Flach und herausragend zugleich

Schaut man sich den Trailer an, so entsteht ein falsches Bild. Eher flache Witze in deutscher Comedy-Fließbandmanier, die man da sieht gibt es sicher, aber auch wirklich tolle Szenen, die ohne Gags lustig sind: Düringer auf sprachlich fremdem Terrain muss ohne seine markigen Sprüche auskommen, wenn auch sein Charakter sich nicht stark vom Alltagsrambo früherer Produktionen unterscheidet. Die Körpersprache rückt aber mehr in den Vordergrund, die nötige physische Präsenz hat er allemal. Dorfer als Geistlicher bedarf keiner großen Körperlichkeit, seine bekannt-scharfe Zunge reicht aus. Frau Holacek ist wie schon gesagt ein Schmaus für Augen und Ohren. Wem das alles nichts bedeutet, den zieht vielleicht der konsequent antiklerikale Duktus an. Dieser ist nicht latent, sondern prominent. Dass es kein Hollywood-Happy-End geben kann wäre bei einem Sicheritz-Film Eulen nach Athen getragen. Egal ob in Zukunft auch deutsche Kinos erobert werden wollen. Das freut. (Peter Baumgarten; Foto: Einhorn Filmverleih)


3faltig-poster
Film-Tipp:

3FALTIG
Bewertung: @@@@
Ein Film von Harald Sicheritz
Kinostart: 21. Oktober 2010
Jugendfreigabe: ab 12
Verleih: Einhorn Filmverleih