Mit rein akustischen Instrumenten begab sich der in London lebende österreichische Musiker Manu Delago auf eine abenteuerliche Expedition quer durch die Tiroler Alpen. Grund dafür war die Produktion des Berg- und Musikfilms "Parasol Peak", den der Hang-Spieler, Perkussionist und Komponist gemeinsam mit sechs weiteren Musiker/innen und einer Film- und Tontechnik-Crew audiovisuell umsetzte. Heraus kam ein faszinierendes Gesamtkunstwerk, das ab 28.9.2018 europaweit im Kino in speziellen Screenings und auf diversen Film-Festivals präsentiert wird. Im Interview mit Kulturwoche.at erzählt Manu Delago, der u.a. auch schon mit Björk und Anoushka Shankar auf Tour war, über die Hintergründe zur Entstehung des Films.

Kulturwoche.at: Wie kam dir die Idee zum Kinofilm "Parasol Peak"?

Manu Delago: Ich habe schon vor zwei Jahren einmal ein Video auf einem Berg gedreht, aber nur mit mir selbst als Musiker. Der Dreh hat nur einen Tag gedauert, das war also ein kleines Projekt. Es hat aber Spaß gemacht und so habe ich den Regisseur Johannes Aitzetmüller kennengelernt. Da kam uns der Einfall, mal was Größeres in den Bergen zu machen, mit mehr Musikern. Aber die Musik sollte rein akustisch sein, ohne elektronische Elemente. Für mich war das so eine Art "Back to the Roots". Trotzdem ist es irgendwie etwas ganz Neues, auch vom Format her.

In welchen Bergen seid ihr für "Parasol Peak" unterwegs gewesen?

Wir waren im September 2017 in acht verschiedenen Locations in den Stubaier Alpen. Vom Wald über einen schönen Platz an einem Bach bis hin zu ein paar Gipfeln.

Wie haben die sechs Musiker reagiert, die du für "Parasol Peak" engagiert hast, als du ihnen das erste Mal von diesem Projekt erzählt hast?

Ich habe zu Beginn mal relativ lange überlegt, wen ich da fragen könnte. Weil du ja fähig sein musst, dein Instrument zu tragen, relativ fit sein und klettern können musst. Da gab es nicht allzu viele, die diese Anforderungen erfüllt haben. Die meisten haben sich dann sehr auf das Projekt gefreut, und die ein bis zwei Kollegen, die anfangs nicht so überzeugt waren, haben später auch gut mitgezogen. Wir waren dann insgesamt in der Gruppe 15 Personen, also sieben Musiker und acht Leute von der Film- bzw. von der Tontechnik-Crew.

Wie war die Aufnahmesituation am Berg? Einerseits nehme ich mal an, dass sich die Instrumente schnell verstimmt haben bzw. hattet ihr da sicher auch ein paar Nebengeräusche, oder?

Klar, dass es Nebengeräusche geben wird, war mir klar, deshalb waren sie auch ein integraler Teil der Musik. Wir haben uns ja z.B. Locations ausgesucht, wo daneben ein kleiner Bach fließt. Wir haben dann einfach genau überlegt, wie stark oder schwach wir das Rauschen des Bachs mit in die Aufnahme hineinnehmen möchten. Oben am Grat war es dann extrem windig, aber da haben wir auch gesagt, das gehört dann einfach zur Aufnahme dazu. Wir wollten keine sauberen, überproduzierten Studio-Aufnahmen sondern lebendige Naturaufnahmen. Das war auch ein wichtiger Ansatz des Projekts: Wenn man heutzutage im Studio aufnimmt, ist das oft sehr unpersönlich. Man muss nicht unbedingt am selben Ort sein, es werden dann halt zwischen den Musikern Files per Mail hin- und hergeschickt und später zusammengemischt. Mit "Parasol Peak" wollte ich diese Routine einmal unterbrechen!

War das Projekt nicht auch sehr anstrengend? Bergsteigen im Winter ist ja alleine schon kräfteraubend genug, aber dann da oben noch Musik spielen und das Ganze aufnehmen war sicher nicht einfach, stelle ich mir vor?

Klar, das war schon eine Riesen-Challenge für alle! Es waren neben der Erschöpfung auch noch die extrem kalten Temperaturen, das war sicher am schwierigsten. Da kommst du bei der Location bzw. am Gipfel auf ca. 2.200 Meter endlich an, hast aber da oben dann auch noch eine Wartezeit, weil das Kamerateam bzw. die Sound-Ingenieure ihr Equipment aufbauen müssen. Diese Wartezeiten waren schon schwierig für das Ensemble. Da musste man dann schauen, wie man die gute Stimmung am besten aufrechterhält. Aber schlussendlich haben alle durchgehalten (schmunzelt)!

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Sind die Stücke, die ihr am Berg aufgenommen habt, durchkomponierte Stücke oder sind es Improvisationen?

Ich hatte die Stücke schon vorher vorbereitet. Ich war ja drei Monate lang auf der Suche nach den richtigen Locations, war da viel unterwegs und habe mir so eine Art Story für "Parasol Peak" ausgedacht. Es gab ja sehr unterschiedliche Locations im Wald, an einem Bach oder in einer vertikalen Wand, am Grat oder am Gletscher. Ich habe dann für jede Location ein spezielles Musikstück geschrieben. Insgesamt acht Titel. Diese acht Stücke des Films gibt es auch als eigene CD. Irgendwie ist das jetzt im Film alles verwoben, dass sich das alles wie in einem Stück zusammenfügt bzw. wie eine einzige lange Reise wirkt.

Gab es auch brenzlige Situationen am Berg, wo das "Parasol Peak" Projekt scheitern hätte können?

Ja, schon. Es gab z.B. eine Situation, wo wir vom Gletscher auf den Gipfel aufsteigen wollten, aber wir mussten dazwischen aus verschiedenen Gründen noch mal absteigen. Das war dann natürlich schon ein bisschen wie das Ende der Reise, der Abstieg vom Gletscher. Doch der Regisseur und ich wollten der Story wegen, den Gipfel unbedingt drinnen haben! Da haben wir dann schon viel Überredungskraft gebraucht, um alle nochmal zum Aufstieg auf den Berg zu bewegen. Aber es war eine tolle Gruppendynamik und ein guter Zusammenhalt da. Wir haben uns gegenseitig nochmal motiviert, und es war dann ein besonders schöner und toller Moment, als wir den Gipfel erreicht haben und dort dann noch das letzte Stück gespielt und aufgenommen haben!

Du hast mir schon in einem früheren Interview mal erzählt, dass du im Sommer sehr gerne in die Berge gehst, um dir neue Energien zu holen bzw. bist dann auch meistens ohne Handy oder PC unterwegs. Warum hat das für dich so eine spezielle Bedeutung?

Ich liebe einfach diese unglaubliche Ruhe. Es ist herrlich mal Offline zu sein bzw. eine gewisse Verlangsamung des Lebens in den Bergen zu genießen. Das Leben in den Bergen ist sehr einfach und konzentriert sich auf Essen, Schlafen, Wandern, Karten spielen etc. Man fährt dort nicht mit dem Auto oder dem Fahrrad, man ist nur auf den eigenen Füßen unterwegs und entschleunigt. Normalerweise bin ich eben jeden Sommer eine gewisse Zeit lang in den Bergen unterwegs, aber im Fall von "Parasol Peak" haben wir das Ganze mit meiner Musik zusammengeführt. //

Interview: Robert Fischer
Foto: Lukas Lorenz



Film-Tipp:
Parasol Peak

Bewertung: @@@@@
Regie: Johannes Aitzetmüller & Jeb Hardwick
Kinostart: 28.9.2018
Filmvertrieb: A Fancy Tree Films Production

CD-Tipp:
Manu Delago: Parasol Peak
Musik: @@@@@
Klang: @@@@
Label: One Little Indian Records (2018)