PJ Harvey Doku A Dog Called Money; Foto: Filmkino

Die unkommentierte Dokumentation von von Seamus Murphey über PJ Harvey zur Vorbereitung ihres Albums The Hope Six Demolition Project steht im Mittelpunkt des Films A Dog Called Money.

Kennt man die Kompositionen von PJ Harvey und die düstere Aura, die viele ihrer Musikstücke umschwingt, so wundert es nicht, dass die Künstlerin viel Inspiration in den weniger fröhlichen Orten dieser Welt finden kann. Ihre Songs sind frei von Seichtheit, ihre Texte dunkle Poesie, transportiert durch eine große Stimme, die emotionale Tiefen spüren lässt. Genau diese qualitative Schönheit führte PJ Harvey schon mit anderen Größen wie Nick Cave zusammen.

The Hope Six Demolition Project

In der Dokumentation PJ Harvey - A Dog Called Money geht es um eine intermediale Künstler-Kollaboration. Mit dem Fotojournalisten Seamus Murphey begibt sich PJ Harvey zur Vorbereitung ihres Albums The Hope Six Demolition Project auf eine Reise durch den Kosovo, nach Afghanistan und die Ghettos von Washington D.C. Die Impressionen, die sie dort sammelt und festhält, werden musikalisch verarbeitet und im berühmten Somerset House in London im Rahmen einer Installation aufgenommen. Zuschauer können den Musikern und PJ Harvey zuhören und zusehen, Interaktionen sind allerdings nicht möglich. Das gesamte Projekt wird von Seamus Murphey dokumentarisch festgehalten und unkommentiert gelassen.

Geschmacksfrage

Die Streifzüge durch Kriegsgebiete und Armenviertel, durch Dreck und Kälte, emotionalisiert das Kinopublikum und auch PJ Harvey. Zitate, spontane Kommentare, Beobachtungen, gesprochen von der Sängerin selbst, begleiten die Bilder aus dem Off. Schnitt ins luxuriöse, eigens erbaute Studio im für Kunstschaffende designierte Somerset House. Es wird experimentiert, seriös gearbeitet, gelacht und geblödelt. Dem Leid und Schmerz der Welt wurde ein Besuch abgestattet, um daraus künstlerischen Wert zu schöpfen. Andere Künstler/innen durchleben dieses Leid und diesen Schmerz wohl selbst, PJ Harvey bleibt in der Beobachter-Perspektive. Sie ist an der Seite eines Kriegsfotografen, dessen Zweck es ist, das Unschöne festzuhalten, dass man nicht sehen will. PJ Harvey begleitet ihn, sie durchqueren die prekären Gegenden wie Museen der Misere. Es mag sein, dass dieser voyeuristische Zugang einen etwas schlechten Beigeschmack hat, doch zumindest verbirgt sich in dem künstlerischen Output die Authentizität einer Zeitzeugin. Jede Kritik einer westlichen, privilegierten Person wäre eine Peinlichkeit.

Geschmacksverwirrungen

PJ Harvey ist eine Ausnahmekünstlerin. Als Frau ist sie auch in dieser Dokumentation eine Ausnahme. Neben PJ Harvey selbst bekommt kaum eine Frau ein Spotlight. Man könnte hoffen, dass sich hinter dieser Auslassung der Frau eine subtile, kritische Botschaft versteckt. Aber der ungute Geschmack, dass es sich hierbei wohl eher um ein Produkt des unbewussten Male Gaze eines irischen Regisseurs handelt, drängt sich eher auf. Irritierend auch, dass PJ Harvey auch ausschließlich mit Männern für das neue Album kollaboriert. Unter den insgesamt dreizehn Musikern keine einzige Frau, außer PJ Harvey im Zentrum. Bewusst die Frauenquote missachten, ist nicht sonderlich förderlich, wenn man die Intention verfolgt, globale Missstände sichtbar zu machen.

Der musikalische Outcome ist jedoch wie zu erwarten geschmack- und stilvoll, ein wahrer Hochgenuss für Ohr und Seele. Und so werden PJ Harvey Fans mit diesem durchaus ästhetischen Einblick in Songwriting und Produktion der Künstlerin bestimmt zu beglücken sein. //

Text: © Greta Kogler
Fotos: © Stadtkino Filmverleih

PJ Harvey Doku A Dog Called Money; Foto: Stadtkino FilmverleihFilm-Infos:
A Dog Called Money
Bewertung: @@@
Dokumentation, 92min, IRL/GB 2019
Regie: Seamus Murphy
Mit: PJ Harvey
Filmverleih: Stadtkino Filmverleih
Kinostart: 22. November 2019