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plakatmafia_wienIG Kultur und IG Freie Theater in einem offenen Brief an Bürgermeister Häupl, Stadtrat Mailath-Pokorny und Stadtrat Schicker über das drohende Ende für freies Plakatieren in Wien.

Absender:
IG Kultur Wien und IG Freie Theaterarbeit
Gumpendorferstr. 63B
1060 Wien

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Stadtrat Mailath-Pokorny,
sehr geehrter Herr Stadtrat Schicker,

IG Freie Theaterarbeit und IG Kultur Wien haben in einer Podiumsdiskussion am 3.12.2007 auf das drohende Ende für freies Plakatieren in Wien. aufmerksam gemacht. In dieser Diskussion vorangehenden Telefonaten und Aussendungen haben wir bereits darauf hingewiesen, dass die Gründung der Firma Kultur:Plakat (wie übrigens auch die am 11.12.2007 vorgestellte Kunstpassage Karlsplatz . beides Projekte der Gewista Werbegesellschaft mbH) aus unserer Sicht eine eklatante Einschränkung der Plakatierfreiheit (§ 48 Mediengesetz) darstellt.

Die bisherige Praxis sah zwar kaum freie Flächen für Plakate vor (26 freie Plakatflächen stehen nach unseren Informationen derzeit zur Verfügung . nicht in jedem Bezirk ist eine zu finden), die freie Plakatierung auch andernorts wurde jedoch geduldet. Anstatt dem Problem der Wildplakatierung durch die Schaffung vermehrter freier und legaler Flächen für die Veröffentlichung von Veranstaltungsinhalten zu begegnen, werden ab Jänner 2008 durch eine einzige Firma privat mietbare Plakatflächen angeboten, die das Problem der Unterfinanzierung und Unterrepräsentiertheit kleiner Initiativen sowie aller, die sich kaufbare Werbeflächen nicht leisten können und wollen, nur noch verschärfen. Die Initiative der Stadt Wien eine Regelung für die Zuweisungen der Plakatierflächen zu finden, hat bedauerlicherweise viel zu kurz gegriffen. Die Auswirkungen für kleinere Initiativen im Kulturbereich, aber auch für Sozialinitiativen, politische Initiativen von BürgerInnen, Gemeinschaftsinitiativen, die nur ohne oder mit geringsten finanziellen Mitteln ankündigen können, wurden nicht mit bedacht. Unserem Wissenstand nach wurden 30 % der PlakatiererInnen auch nicht in die Überlegungen für die Vergabe von Plakatflächen mit einbezogen.

Wir halten fest:

• Öffentlicher Raum ist ein unveräußerliches Gut . das Recht auf freie Meinungsäußerung darf nicht in Frage gestellt werden.

• Die zunehmende Privatisierung von öffentlichem Raum ist abzulehnen.

• Die aktuelle Einschränkung der Plakatierfreiheit in Wien durch die zunehmende Monopolisierung der Gewista (Kultur:Plakat, Kunstmeile) nimmt kleinen Initiativen die Sichtbarkeit.

• Die Verteuerung der Leistungen um das Dreifache können sich Kulturschaffende mit kleinen oder keinen Subventionen nicht leisten.

Wir fordern:

• Sichtbarkeit und freie Meinungsäußerung dürfen keine Frage der Leistbarkeit sein.

• Die Neuschaffung von zusätzlichen Flächen für kommerzielle Nutzung muss . wie in Salzburg . an die kostenlose Vergabe, in ausreichendem Maß von Gratis-Plakatflächen für kleine Initiativen gebunden sein. Die Interessenvertretungen wiederholen damit, dass es um tatsächliche Problemlösungen gehen muss.

Wir ersuchen Sie dringend gemeinsam mit allen Betroffenen - Kulturschaffenden, freien PlakatiererInnen und der Gewista / Kultur:Plakat - Lösungen zu finden und dafür schnellstmöglich einen Round Table einzuberufen. Die Stadt Salzburg hat in Absprache mit den Betroffenen für dasselbe Problem eine praktikable Lösung gefunden und freie Flächen zur Verfügung gestellt. Wir hoffen, dass auch Sie an einer konsensualen Lösung interessiert sind und schnellstmöglich Gespräche mit uns aufnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

IG Kultur Wien und IG Freie Theaterarbeit,
Thomas Jelinek (Obmann) und Corinne Eckenstein (Obfrau)

Wien, am 5. März 2008