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li_dawei-kater-haohaoIn diesem Buch ist alles drin, was der Titel verspricht. Der zum Teil autobiografisch gefärbte Roman spielt beiläufig vor dem Hintergrund der chinesischen Politik der letzten 20 Jahre. Li Dawei versucht sich in einem amerikanisch-jovialen Erzählstil, was nur mäßig zum Lesevergnügen beiträgt. Literarisches Schreiben in einer fremden Sprache ist eine der schwierigsten Übungen. Doch im letzten Drittel wird der Leser für seine Geduld mit einer phantastischen und kritischen Geschichte belohnt.


Den Einstieg bilden die Proteste chinesischer Studenten in Beijing (Peking), die am 4. Juni 1989 gewaltsam niedergeschlagen wurden und den Boykott des Westens zur Folge hatten. Mit ein bisschen Geschick, Einzelgängertum und Glück entgeht der Ich-Erzähler dem Tian'anmen-Massaker und den anschließenden staatlichen Repressalien gegen die Studenten. Der Kunststudent Li, der auch gleich alt ist wie der Autor, findet seine große Liebe Kleine Kim und den Kater Haohao. Kleine Kim wird gerade noch rechtzeitig von ihrer Mutter nach New York geholt. Andere Frauen können Li nie ganz darüber hinwegtrösten, wohl aber seine Karriere fördern. Auch wenn das Geld knapp ist, führt er ein privilegiertes Leben als Stadtstreicher,  allein in der elterlichen Wohnung in Beijing, einziger Mangel ist der private Telefonanschluss. Doch auch der findet sich. Li verdingt sich als Portrait-Maler, Straßenhändler, Innenarchitekt, Musiker, Eintrittskartenfälscher bis er schließlich als Übersetzer ausländische Nachrichten für die Abendnachrichten filtert. Die Studenten begraben ihre Träume von einer neuen Politik und Li seine von einer Zukunft als Comic-Zeichner. Was Li nicht sagen kann, übernimmt sein nun sprechender Kater Haohao, dessen eitle Befindlichkeiten äußerst menschliche Züge aufweisen. Die Jahre vergehen. Eines Tages sagt Haohao: "Papa, ich will Cartoon-Star werden." Disney ist der Größte im Geschäft und das Größte doch das Ziel für jeden Chinesen. Kater Haohao schafft es bis nach Hollywood, wird als Tony Cat zum Star und Li profitiert nun vom Erfolg seines Adoptiv-Sohnes. Welchen Preis er dafür zahlen muss, erfährt der Leser ebenso nüchtern wie die beruflichen Aussichten des nun in Amerika lebenden Erzählers.

Wer genau liest, entdeckt die feine Ironie des Autors

"Was nicht erwähnt wird, ist nicht notwendigerweise vergessen", sagt Li Dawei über sein jüngstes Werk. Obwohl er seit Jahren in den USA lebt, schreibt er erstmals auf englisch aus Angst vor der Zensur. Die bloße Schilderung der allgegenwärtigen politischen Kontrolle im Hintergrund reicht da anscheinend schon aus. Erst die phantastische Wendung und die Gegenüberstellung mit der Auswanderer-Realität in Amerika machen diese Geschichte interessant. Wer genau liest, entdeckt die feine Ironie des Autors. Die Figur der Cartoon-Katze begleitet Li Dawei schon einige Zeit durch sein literarisches Werk ("Traumsammler" und "A Cartoon Cat's American Dream"). Optisch aufgewertet wird das Buch durch die zahlreichen Cartoon-Illustrationen. Der Knaus-Verlag hat sich ordentlich ins Zeug gelegt. So erscheint "Love, Revolution und wie Kater Haohao nach Hollywood kam" in der deutschen Übersetzung von Anne Rademacher noch vor einer Veröffentlichung in der Originalsprache. China als Gastland auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wirft seine Schatten voraus. (Christine Koblitz)

li-dawei_kater-haohaoBuch-Tipp:
Li Dawaei - Love, Revolution und wie Kater Haohao nach Hollywood kam
Bewertung: @@@@
Verlag: Knaus (2009)
ISBN:  978-3-8135-0336-4