Mitra Devi beherrscht ihr Handwerk schon in ihren ersten Büchern wesentlich besser als mancher Kollege. Mehrere Handlungsfäden werden parallel geführt, gekreuzt und verknüpft. Sprachlich einwandfrei, spannend geschrieben und zügig zu lesen. "Die Bienenzüchterin", "Stumme Schuld" und "Filmriss" kann man Lesern, die einer gut geschriebenen Geschichte den Vorzug vor reiner Plausibilität geben, nur empfehlen.
Nora Tabani - eine ehemalige Polizistin als Privatdetektivin Doch ein guter Krimi besteht aus mehr als einem Verbrechen und dessen haarsträubender Aufklärung. So wird in Nora Tabanis zweitem Fall der psychologischen Komponente bereits größere Bedeutung eingeräumt. Eine ehemalige Polizistin als Privatdetektivin, deren unter rätselhaften Umständen erschossener Vater etwas zu oft in Erinnerung gerufen wird. Das obligate Haustier ist dankenswerterweise kein Hund und auch keine Katze, sondern ein Chamäleon. Dessen Daseinsberechtigung wollen wir lieber nicht in Frage stellen, wurde es doch von einem insolventen Zoobedarf bei Nora abgegeben. Ein ordentlicher Detektiv braucht natürlich trotz schlechter Auftragslage auch einen Gehilfen, der ihm optisch nicht das Wasser reichen kann, aber über alle sonst zur Falllösung notwendigen Fähigkeiten verfügt. Spätestens seit CSI sind die Zeiten der dümmlichen Gehilfen Geschichte. Jan Berger hat eine gut sichtbare Wampe und erstaunliche Fähigkeiten als Hacker. Jegliche anfallende Recherche oder technische Analyse erledigt er binnen kürzester Zeit, selbstverständlich mit exzellenten Ergebnissen. In "Filmriss" erkennt er das Hintergrundrauschen in der Tonbandaufnahme des Entführeranrufs als Schnellbahn. Aufgrund der Anrufzeit kann er sogar den Streckenabschnitt präzisieren. Kontodaten, Sozialversicherungsakten, etc. sind für ihn nur kleine Aufwärmübungen. Blutzoll beim Showdown ist anscheinend Pflicht Und doch ist all die Technik in "Stumme Schuld" nur loses Beiwerk. Hauptthema ist ein toter Ehemann und seine sich der Tat bezichtigende stumme Frau. Mehrere Leute rundum haben ihre eigenen Dinge am laufen, die zum einen Teil die Spuren verwischen, zum anderen Teil die Familiengeschichte erklären. Mehr zufällig stolpert Nora Tabani in diesem Buch über die Lösung gleich zweier Aufträge. In "Filmriss" hat sie mit Kindesentführung zu tun. Blutzoll beim Showdown ist anscheinend Pflicht. Von diesen Wunden bleiben jedoch maximal ein paar Narben. Andere Krimiautoren lassen ihren Helden deutlichere Beeinträchtigungen zur Erinnerung an ihre Unvorsichtigkeit. Unterhaltsame Fingerübungen für zwischendurch "Die Bienenzüchterin" ist eine Sammlung von 25 kurzen mörderischen Geschichten. Unterhaltsame Fingerübungen für zwischendurch. Einmal liest es sich, als wäre eine kleine, schmächtige Frau in eine viel zu große Hose geschlüpft und würde nun mit tiefer Stimme "hohoho" einen Kerl geben ("Warten"). Manchmal behalten ihre Protagonisten die Oberhand ("Die Bienenzüchterin"), manchmal entgleitet ihnen ihr Vorhaben ("Oliver"), mal schreibt ein kleines, rechtschreibschwaches Mädchen an ihr Tagebuch ("Freunde"), mal geht jemand voller Heiterkeit ans Werk ("Die Blütenkönigin"), mal ergibt sich alles scheinbar zufällig ("Die Kleptomanin") und einmal gilt es einen Ausweg zu finden ("Plan B"). Es gibt nicht immer einen Mord, aber immer eine überraschende Wendung. Alle drei Bücher der Schweizer Autorin Mitra Devi kann man Lesern, die einer spannend geschriebenen Geschichte den Vorzug vor reiner Plausibilität geben, nur empfehlen. (Christine Koblitz)
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