Über einiges an Erfahrung im Umgang mit jedweder List und Tücke des Musikgeschäftes verfügt er allemal. Doch mit seinem neuen Studioalbum "SchwarzWeiss" beschreitet Samy Deluxe neue, eigene Wege und landet damit erst beim zweiten Hinhören einen Volltreffer.
Zunächst herrscht Enttäuschung. Die eingefleischt kiffende Hip Hopper Fraktion nörgelt rum, dass zu viel gesungen wird, andere finden es beatmäßig fad und wieder andere sperren sich gleich ganz. Worum es geht? Die neue Platte von Samy Deluxe, die am 29. Juli 2011 erschienen ist und vorgestellt unter anderem auf dem Splash-Festival für Furore sorgte.
Auch ich selbst habe mich ein wenig von den doch ab und an recht oberflächlich und pathetisch klingenden Hooks in die Irre führen lassen. Nach dem ersten Eindruck charakterisierte ich die Wie-Vergleiche als lasch, die Hooks als zu poppig und damit irgendwie langweilig und nicht tief genug gehend. Auch die häufige instrumentelle Begeleitung der Songs wollte nicht so recht passen. Der erste Gedanke war: "Das kann er besser!" Wo waren nun Samples, Scratches, knackige Beats und messerscharfe Reime? Beim ersten Hören fand man sie jedenfalls nicht.
Aber wer hier abgedreht hätte mit der Begründung 'Is nich so mein's', der hätte dann auch die sinnreichen Botschaften, die Schönheit der Sprache und das Anrührende der Musik glatt verpasst.
Erst bei näherem Hinhören erschließt sich nämlich die künstlerische Ausgefeiltheit von Wort und Ton. Samy beschreibt es bei seinem Konzert so: "Früher hab' ich nur Amis nachgemacht, heute hab ich meinen eigenen Stil gefunden". Er ist eben auch ein Stück erwachsener geworden. Hat sich von Deutschlands größtem Cannabis-Junk zu einem von Deutschlands substanzreichsten kritischen Geistern entwickelt.
In dem Song "Wer wird Millionär?" wird zum Beispiel angeprangert, dass viel zu viele Menschen in Deutschland mit viel zu wenig Geld auskommen müssen. Der Schlüssel, um aus dem Teufelskreis rauszukommen, heißt Bildung, aber zu der hat auch nicht jeder einfach so Zugang. "Keine wahre Geschichte" zeichnet den Lebensweg von zwei Burschen nach, die Halt suchen im Leben, der eine fühlt sich durch seine Waffe stark und der andere durch seine Gitarre. Die Geschichte ist zwar eben nicht wahr, aber trotzdem eine hoffnungsvolle Ode an Freundschaft und die Kraft der Musik. Und was darf auf einer Samy Deluxe-Platte auf gar keinen Fall fehlen? Richtig, die Line, die besagt, dass er der unumstößliche Meister seines Faches ist. So rappt er in "Poesiealbum": "Ich bin immer noch der größte Poet, der hier lebt" und damit hat er eins, und zwar Recht. Generell werden Raptexte literaturwissenschaftlich viel zu wenig beachtet, dabei könnte so mancher Lyriker sich bei den meisten MCs wohl noch eine Scheibe abschneiden.
Das alles macht "SchwarzWeiss" zu einem Hör-Genuss. Meiner Meinung nach eines der besten Deluxe-Alben, weil man einfach merkt, dass Sam etwas am Herzen liegt, das an die Leute gebracht werden soll. "SchwarzWeiss" transportiert eine Vielzahl von Botschaften und beschäftigt sich eben nicht mehr damit, wann man am Besten 'einen baut' oder wie toll Herr Deluxe eigentlich ist. Samy hat mit seiner neuen Platte keinen Eintrag ins Poesiealbum, sondern ein sehr rundes poetisches Album geschaffen, das eindeutig Gehör finden muss. (Katja Kramp)
CD-Tipp:
Samy Deluxe: SchwarzWeiss
Musik: @@@@@
Klang: @@@@
Label/Vertrieb: EMI Music (2011)