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Carminho, die Fado-Sängerin aus Lissabon, gilt trotz ihres jungen Alters als eine der vielversprechendsten Fado-Sängerinnen der Gegenwart und gastierte mit ihrem aktuellen Album "Alma" bereits im Wiener Konzerthaus. Ein Portrait von Manfred Horak.

Maria do Carmo de Carvalho Rebelo de Andrade, wie Carminho mit bürgerlichem Namen heißt erhielt bereits im Alter von 21 Jahren von der Stiftung Amália Rodrigues - benannt nach der wohl bedeutendsten Fado-Sängerin Amália da Piedade Rebordão Rodrigues, der "Königin des Fados" - den Preis für die beste weibliche Neuentdeckung. Mit "Fado" (2009) und "Alma" (2012) legte sie bisher zwei überaus erfolgreiche Alben vor. Das Debüt-Album hielt sich satte 39 Wochen in den portugiesischen Charts (Höchstplatzierung #2) und wurde auch außerhalb Portugals wohlwollend registriert. "Es ist kaum zu glauben", hieß es z.B. in einer CD-Kritik zum ersten Album, "dass diese erst 25-jährige Frau schon so viel Interpretationsvielfalt beherrscht. Carminho hat sich diese Tiefe zum Teil auf ungewöhnliche Art erarbeitet. So arbeitete sie in Kalkutta in einem Sterbehospiz, wo sie keine Kommunikationsmöglichkeit hatte außer 'meine Augen, mein Lächeln oder mein Singen - ohne irgendwelche Worte.'

Haltung der Wahrheit und des Augenblicks

Ihre immense Ausdruckskraft war auch bei ihrem Auftritt im Wiener Konzerthaus mit jedem Ton spürbar. Sie erreicht ein Maximum an Sinnlichkeit bei all den weichen Konsonanten und dunklen Vokalen, beherrscht die sehnsüchtigen Töne, das Pathos, ebenso wie die swingenden Lieder. Und so schaffte die Sängerin die Bestätigung ihres Erstlingserfolgs problemlos und völlig zu Recht mit dem zweiten Album "Alma" (dt. Seele) und ihren "berückend schönen Fado-Liedern, die das typische südeuropäische Flair atmen", wie es die deutsche Fachzeitschrift AUDIO nicht besser zu formulieren wusste. In Portugal stieg "Alma" auf Platz 1 in den Charts ein und hielt sich auch nach zehn Wochen noch in den Top 10, was zur Folge hatte, dass Carminho fortan in großen Sälen konzertierte - auch außerhalb Portugals. Dass sie international erfolgreich ist, hat einen einfachen Grund: Auf "Alma" beweist die Sängerin nämlich, dass die schmerzliche Sehnsucht keine national-portugiesische Angelegenheit ist, sondern, dass sich die portugiesische Sprache halt nur bestens dafür eignet, diesen Schmerz auszudrücken. Der Fado entstand in den Armenvierteln Lissabons und bis heute kann man ihn nicht an der Schule lernen. Carminho: "Fado lernt man in Fado-Lokalen, nicht in der Schule. Tag für Tag lernt man dazu. Man lernt auch von der Erfahrung anderer, die schon länger singen, hört von ihren Geschichten und Erfolgen. So kommt man allmählich zum Fado." Dementsprechend vielfältig ist auch ihr Repertoire. Carminho singt traditionelle Fados mit Versen von populären Autoren, die Meisterwerke des Genres geschaffen haben. Sie singt aber auch unveröffentlichte Lieder dieser Autoren und auch Dichter, die noch nie interpretiert worden sind. Fado generell und Carminhos Fado im speziellen ist Musik für die Seele, der die Seele nährt und auch von der Seele lebt, oder wie Carminho im Interview erzählte: "Auf der Platte geht es nicht nur um meine Seele, es ist eine Begegnung verschiedener Seelen während ich live singe. Wir pflegen zu sagen, dass der oder die Fadista nicht die einzige ist, die singt, sondern auch diejenigen, die zuhören. Dem Fado zuzuhören bedeutet, empfänglich für diese Energie zu sein, damit ein Dialog zwischen den Seelen entstehen kann." //

CD-Tipp:
Carminho: Alma
Bewertung: @@@@@
Label/Vertrieb: Parlophone/Warner (2012)

Text: Manfred Horak
Foto: Konzerthaus Wien