Im Gläsernen Saal des Musikvereins Wien brachte Meena am 17.2.2015 unter dem Konzerttitel Southernsoul trifft auf Millie Jackson erstmals einen Querschnitt ihrer ersten drei Alben Try Me, Feel Me, Tell Me auf die Bühne, die allesamt beim internationalen Label Ruf Records veröffentlich wurden.
Es gibt einen Unterschied zwischen denen, die nur singen, und denen, die in sich und mit ihrer Stimme eine Euphorie erzeugen. Meena ist nicht nur eine Stimme, deren Wirkung Hoffnung gibt, weil sie ohne Firlefanz serviert wird, sondern auch eine Kraft, die von ganz tief drinnen kommt, intensiv und emotional. Darüber hinaus hat Meena eine Band an ihrer Seite, die einander perfekt ergänzen. Kontinuität zahlt sich aus, denn neben dem herausragenden Gitarristen Chris Fillmore (der bereits im vergangenen Jahrhundert mit Meena musizierte) ist am Bass, bzw. bei diesem Konzert am Kontrabass, seit mehr als zwei Jahren die wunderbare Marlene Lacherstorfer fixes Bandmitglied und der großartige Roland Guggenbichler am Piano und Akkordeon ist auch schon nicht mehr wegzudenken aus der Band. Mit Clemens Adlassnigg (bei den sanfteren Darbietungen wie im Musikverein) und Franky Cortez verfügt die Band zudem über zwei hervorragende Schlagzeuger.
Amerikanische Musik für Erwachsene
Der Southern Soul und die Millie Jackson, die im Konzerttitel vorkamen, machten dabei freilich einen Gutteil der Performance aus, wobei vor allem zwei Coverversionen besonders hervorstachen, Send me to the 'lectric chair von George Brooks (erstmals veröffentlicht von Bessie Smith im Jahr 1927) und It's a man's man's man's world von James Brown. Ersteres kombiniert (musikalisch verpackt in einem Vaudeville-Blues) das Geständnis einer Mörderin mit einer moralischen Erzählung, zweiteres ein Lied, das auf den Beobachtungen der damaligen Lebensgefährtin James Browns, Betty Jean Newsome, basiert, die da lautet: Die Welt sei zwar von Männern erbaut worden, in Form von Autos, Eisenbahnen und Elektrizität, aber ohne Frauen sei sie nichts wert. Was Meena Cryle and the Chris Fillmore Band daraus machen, ist mehr als bemerkenswert. Hier die trügerische Sanftheit wunderschöner Musik, die einen grausamen Text transportiert, da die Stellung der Frau im gesellschaftlichen Gefüge mit der Sichtweise über etwas Urtümliches und Grundlegendes. Meena Cryle and The Chris Fillmore Band zeigen uns dabei mit der Abstraktion künstlerischer Darbietung wie eine Gesellschaft funktioniert (bzw. funktionieren kann). Eine Glanzleistung voll von dynamischen Effekten (laut und dann wieder ganz sanft), eine kathartische Kraft mit vielen Details, Phrasierungen und rauschhaften Wiederholungen. Freigelegt von einer Band, die amerikanische Musik für Erwachsene macht und von einer Sängerin, die aus ihrer Seele heraus singt. Das Konzert war aber nicht nur hinsichtlich dieser und anderer Coverversionen ein lustvolles Ereignis, sondern auch, weil die Songs aus eigener Feder aus den drei Alben Try Me (2010), Feel Me (2012), Tell Me (2014) das Niveau und die Spannung halten konnten. Alleine ihr I've been drinking ist jedes Geld der Welt wert und stünde einer Band wie The Rolling Stones gut zu Gesicht (vor allem wenn es Keith Richards sänge). Und überhaupt gewinnen ihre eigenen Lieder live zunehmend an Attraktivität, Songs wie Tell me, If you had a diamond, Stay away from me baby oder der großartige Rausschmeißer Put your hand out of my pocket (um nur einige zu nennen) sind von edler Natur, zeitloser Güte und internationaler Konkurrenzfähigkeit. Ein großes Konzert in einem würdigen Rahmen mit vielen ruhigen Momenten vollkommener Klarheit von einer Band, die man unbedingt live erleben muss. Über kurz oder lang führt an dieser Band aber eh kein Weg vorbei. //
Setlist
Ti Na Nee Na Nu (Slim Harpo)
Give it back (Meena Cryle / Chris Fillmore)
Tell me (Meena Cryle / Chris Fillmore)
Early one morning (Roger Whittaker)
I've been drinking (Meena Cryle / Chris Fillmore)
Bright lights (Gary Clark jr.)
It makes me scream (Meena Cryle / Chris Fillmore)
You can have my husband (Dorothy LaBostrie)
Send me to the ‘lectric chair (George Brooks)
In my fathers’ house (Eric Bibb)
If you had a diamond (Meena Cryle / Chris Fillmore)
Stay away from me baby (Meena Cryle / Chris Fillmore)
You may love me today (Meena Cryle / Chris Fillmore)
Take this pressure off of me (Meena Cryle / Chris Fillmore)
Loving arms (Tom Jans)
What am I waiting for (Bunny Sigler / R. Tyson)
I’d Rather go blind (Etta James)
C.C. Rider (Ma Rainey / Lena Arrant)
It’s a man’s man’s man’s world (James Brown)
Put your hand out of my pocket (Meena Cryle / Chris Fillmore)
Quelle: Musikverein Wien
Text: Manfred Horak
Fotos: Wolfgang Zdarsky