Es gibt mehr Saxofonisten als Fjorde, aber nur einen Jan Garbarek, der uns im Laufe seiner Karriere mit einigen Alben für die Ewigkeit reich beschenkte und am 13.5.2015 wieder einmal im Wiener Konzerthaus live zu hören sein wird.
Seine poetischen Klangvisionen sind ein wesentliches Merkmal der Ausdruckskraft im Saxofonspiel von Jan Garbarek, der 1947 in Mysen geboren ist, einer norwegischen Kommune in Eidsberg, dort, wo laut Statistik 48 Einwohner je km² leben. Das gab viel Platz zum Atmen und für offene Töne, ein Raum, den er nutzen konnte einer der ganz großen originalen europäischen Stimmen im Jazz zu werden, oder, wie der Publizist Wolfgang Sandner das Saxofonspiel von Garbarek einmal beschrieb: "Wenn John Coltrane wahre Klangdome aus mächtig gewölbten Melodiebögen schuf, dann zimmert sich Jan Garbarek mit seinem langen Atem aus ornamental reich verzierten Kantilenen komplexe Stabkirchen, die die UNESCO ebenso unter Denkmalschutz stellen sollte wie jene hölzernen Sakralbauten von Urnes oder Borgsund." Damit ist eigentlich eh schon vieles gesagt, was man über Jan Garbarek wissen muss, bevor man sich ein Album von ihm anhört oder sich zum Live-Konzert begibt. In Wien war Herr Garbarek bereits einige Male zu hören, in den letzten Jahren fast ausschließlich mit dem "Officium" Programm aus jenem (gleichnamigen) Album, das Jan Garbarek gemeinsam mit The Hilliard Ensemble 1994 veröffentlichte und damit einen Meilenstein der Kombination sakraler Gesang und Saxofon Improvisationsflächen vorlegte. Ein Album, das selbst zum Bestseller wurde und zudem unzählige Nachfolger auf den Plan rief, Stichwort Chants. Live in Wien zu hören war Garbarek aber auch einige Male gemeinsam mit seiner langjährigen Stammformation Eberhard Weber (Bass) und Rainer Brüninghaus (Piano), darüber hinaus zudem mit Marilyn Mazur (Drums, Percussion) und/oder Manu Katché (Drums), Trilok Gurtu (Tabla), sowie Mari Boine (Gesang). Und da gab es nicht selten unglaublich intensive Live-Momente, wo alles zu schweben schien, magische Momente, die einem unverrückbar in der Erinnerung geblieben sind. Musik wie von einem anderen Stern, und dabei doch von so nah, eben aus Europa (wenn auch nicht aus der EU). Seine philosophischen Melodiebögen und natürlich sein Saxofonspiel (Tenor und Sopran), das ganz klar zu den aufregendsten worlwide und ever zählt, sollte man sich nicht nur live nicht entgehen lassen. Alben wie "Legend of the Seven Dreams" (1988), "I Took Up The Runes" (1990), "Twelve Moons" (1992), "Visible World" (1995) oder "Rites" (1998) sollte man nicht missen, ebensowenig seine Geniestreiche "Ragas and Sagas" (gemeinsam mit Ustad Fateh Ali Khan; 1990) und "Rosensfole" im Duett mit der märchenhaften Gesangsstimme von Agnes Buen Garnas (1988) bis hin zu den lyrischen Kraftsensibilitäten "Personal Mountains" mit Keith Jarrett (1979), um jetzt nur einige wenige Überalben von/mit Jan Garbarek (die allesamt bei ECM erschienen sind) aufzulisten. Funktionale Musik, die von Schönheit und Ästhetik geprägt ist und einem in der Seele packt. Kurzum: Wer sich etwas Gutes antun möchte, sollte sich das Konzert am 13.5.2015 im Wiener Konzerthaus (Beginn: 19:30 Uhr) nicht entgehen lassen. (Text: Manfred Horak; Fotos: Beat Allgaier, Guri Dahl)