Alpine Dweller; Foto: Felix Hohagen

Ein Gespräch mit dem Trio Alpine Dweller über Crossover-Sounds, internationale Konzerterfahrungen und interdisziplinäre Vernetzungskultur.

Das Trio Alpine Dweller, bestehend aus Matthias Franz Elias Schinnerl (Stimme, Gitarre), Joana Marialena Karácsonyi (Stimme, Cello) und Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht (Stimme, Harfe) hat im Herbst 2019 das Debüt-Album "Among Others" veröffentlicht. Der von Folk inspirierte, zart schwebende Crossover-Sound des Trios weckt Erinnerungen an Künstler wie Coco Rosie, Antony & The Johnsons oder DAWA. Im Interview erzählen Alpine Dweller über die Entstehung der Band, handgenähte CD-Covers und Tourneen nach Indien und Nepal. Als Ort für das Interview haben sich die drei sympathischen Musiker das Kulturcafé Max im 17. Bezirk in Wien ausgesucht.   

Kulturwoche.at: Was verbindet euch mit dem Kulturcafe Max?

Matthias Franz Elias Schinnerl: Viel. Das Kulturcafe Max ist ein Raum, der sehr lange nicht mehr genutzt wurde, und jetzt wieder bespielt wird. Das ist eine Initiative von ganz vielen verschiedenen Leuten, und wird über den Verein Shizzle betrieben. Wir sind relativ breit aufgestellt, was Kunst- und Kultur betrifft und haben uns 2016 als Verein zusammengefunden.

Wie ging es dann weiter?

Matthias Franz Elias Schinnerl: Wir haben unser Konzept adaptiert, verschiedene verlassene Orte bespielt und irgendwann ist uns dann das Kulturcafé Max als gutes Vereinslokal untergekommen. Wir betreiben das Max jetzt auch eigentlich nicht nur als Café, sondern als Begegnungszone bzw. als Ausgangspunkt für ein buntes, kulturelles Treiben. Hier finden Ausstellungen, Theater, Lesungen, aber auch Konzerte statt. Das Programm ist sehr interdisziplinär, aber da wir uns ja hier sozusagen in einem Wiener Vorort befinden, arbeiten wir auch viel mit Leuten aus dem Grätzl zusammen.

Wie ist Alpine Dweller entstanden?

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Ich habe Matthias vor ca. fünf Jahren bei einem Konzert auf der Bühne kennen gelernt. Klingt wie erfunden, aber in dem Fall stimmt es wirklich (schmunzelt)! Die Joana und der Matthias haben schon früher in der Formation Beyond the Trees zusammengespielt, und ich bin zu einem Konzert von den beiden in Graz gekommen. Da hat die Joana gesagt, ich soll doch mitspielen! Ich hatte mein Instrument zufällig dabei, und bin auf die Bühne. Das war der Beginn von Alpine Dweller und auch der Beginn von meiner Bekanntschaft mit Matthias!

Habt ihr dann gleich nach diesem Konzert in Graz beschlossen, Alpine Dweller zu gründen?

Matthias Franz Elias Schinnerl: Eigentlich nicht. Aber irgendwie hat schon alles auf die neue Band hingedeutet, weil über der Baumgrenze geht's halt bergauf (schmunzelt)! Spaß beiseite, wir sind als Beyond the Trees aus heiterem Himmel gefragt worden, ob wir nicht in Kopenhagen auftreten wollen. Das haben wir dann gemacht, sind dort aufgetreten, damals noch zu viert, mit zwei Akustik-Gitarren, Cello und Flora an der Harfe. Damals war das alles noch sehr lose organisiert, aber es kamen dann weitere Konzert-Engagements, sodass wir uns dann irgendwann gefragt haben, wie machen wir jetzt eigentlich? Als Beyond the Trees wollten wir nicht mehr auftreten, weil das wäre ja dann diese 4er-Formation gewesen, und so sind wir dann in Alpine Dweller reingestartet. Das erste Konzert unter diesem Namen hat dann im Jänner 2015 stattgefunden!

Wie hat sich Alpine Dweller dann weiterentwickelt?

Matthias Franz Elias Schinnerl: Irgendwie hat sich dann langsam eines ins andere gefügt. Es gab schon einige Ideen, aber wir haben uns nicht unter Druck gesetzt. Wir haben bei den Konzerten viel improvisiert, und mit diesen Ideen weitergearbeitet. Auch die Mitschnitte der Konzerte haben wir genau analysiert, und überlegt, was wir besser machen können bzw. wie wir unsere Stücke noch mehr ausfeilen können und ihnen mehr Details verpassen können. So sind dann aus sehr losen Jam-Konstrukten mehr und mehr konkrete Lied-Strukturen entstanden.

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Genau - in dieser Zeit haben wir uns auch persönlich besser kennengelernt und sind dadurch auch im Zusammenspiel zusammengewachsen. Wir haben uns da auch in der Musik sozusagen zusammengerauft (schmunzelt)!

Im Jahr 2016 habt ihr dann zuerst eine EP veröffentlicht, richtig?

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Ja, die EP hat sogar ein selbstgenähtes Cover (schmunzelt)! Das war einfach auch eine Art Demo, um z.B. Veranstalter zu kontaktieren.

Matthias Franz Elias Schinnerl: Zu diesem Zeitpunkt war die Band eigentlich noch ein sehr privates Projekt. Noch ein bisschen abseits der medialen Öffentlichkeit. Aufgenommen haben wir die meisten Stücke für die EP bei Joana zuhause am Attersee. Ein Stück darauf ist sogar ein Handy-Mitschnitt!


Wer hatte die Idee für den Bandnamen?

Matthias Franz Elias Schinnerl: Das war meine Idee! Unser Trio nennt sich jetzt Alpine Dweller, aber ich glaube, dass in jedem Menschen so eine Art Alpine Dweller steckt. Wir als Alpine Dweller stehen wie ein Steinkonstrukt aufeinandergeschichtet, was eine Skulptur ergibt, die relativ lose ist und mit sich selbst steht und jederzeit einstürzen kann.

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Das ist auch ein bisschen so ein Symbol für unsere Musik, dieses Konstrukt.

Matthias Franz Elias Schinnerl: Auf eine Art steinhart, aber trotzdem einsturzgefährdet. Und dann wieder neu aufbaubar!

Wie entstehen neue Stücke bei euch? Wird da im Studio so lange gejammt, bis etwas Neues entsteht oder habt ihr eine andere Methode?

Joana Marialena Karácsonyi: Nein, ganz so ist das nicht. Meistens kommt einer von uns schon mit einer Idee in den Proberaum, also eh hier im Kulturcafé Max, und man schaut mal, wie das bei den anderen ankommt. Wie könnte man das vielleicht ein bisschen erweitern? Dann wird die Idee immer weiter verändert und so entsteht dann langsam das neue Stück.

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Es ist irgendwie ganz spannend, weil wir im Kopf versuchen, den Probenprozess nachzubilden, der bei einigen Stücken schon gut funktioniert hat. Aber als Band sind wir irgendwie schon an einem ganz anderen Punkt und deshalb probieren wir jetzt auch neue Wege zu finden, wie man Songs schreibt bzw. wie man sie erarbeitet.

Der nächste Schritt war dann euer Debüt-Album "Among Others", das ihr im Herbst 2019 im Wiener TAG-Theater präsentiert habt. Wie kam es zu diesem Album?

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Wir haben jetzt nicht unbedingt auf das Album hingearbeitet. Wir hatten jetzt schon ein Repertoire an Stücken beisammen und konnten sozusagen aus dem Vollen schöpfen. Und eigentlich ist das Album "Among others" so eine Art Gesamtstück bzw. ein Lieder-Zyklus vom Anfang bis zum Ende.

Habt ihr Text und Musik auf "Among Others" gemeinsam erarbeitet?

Matthias Franz Elias Schinnerl: Ich habe einiges Text-Material geliefert, wobei ich das aber nicht als explizite Texte bezeichnen würde, sondern eher als aneinander gereihte Worte. Die Musik haben wir gemeinsam erarbeitet.

2019 hattet ihr auch Auftritte in Indien und Nepal. Wie waren eure Erfahrungen dort?

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Das war im Frühjahr 2019. In Indien haben wir dann eigentlich nur ein Konzert gespielt, den größten Teil der Tournee haben wir in Nepal verbracht. Bei den Konzerten in Nepal haben wir so ziemlich jedes Setting ausprobiert, was man sich vorstellen kann. Wir waren z.B. bei einem wunderschönen Festival in Katmandu auf einem ganz alten Markt, der ursprünglich so eine Art Künstlermarkt war. Da sind für diesen Tag die ursprünglichen Bühnen von früher wieder freigemacht worden, die jetzt normalerweise von Händlern besetzt sind.  Das sind antike Bühnen aus Stein aus dem 16. Jahrhundert. Da wurde für einen Tag auch der Verkehr gesperrt und das Areal der Kunst geöffnet. Überall auf dem Platz waren Künstler bzw. Workshops und dort sind wir aufgetreten. Wir haben da auch mit lokalen Musikern zusammengearbeitet. Das war natürlich schon ein ganz besonderes Highlight für uns!

Wie hat das Publikum in Nepal auf euch reagiert?

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Anders als in Österreich - die Leute haben uns richtiggehend bejubelt und waren sehr begeistert (schmunzelt)! Eigentlich lag der Fokus bei dem Festival auf den traditionellen Musikformen von Nepal, aber da wir gemeinsam mit einem nepalesischen Trio mit einer Sitar und Tablas aufgetreten sind, ist unsere Musik gut angekommen. Für mich ist das immer ein Highlight, wenn man mit lokalen Künstlern zusammenarbeiten kann! Da kann man so viel lernen! Irgendwie merkt man am Schluss auch immer, dass zwischen den verschiedenen Musiktraditionen eigentlich eh nicht so ein großer Unterschied besteht. 

Welche Ziele habt ihr mit eurer Musik für die nächste Zeit?

Matthias Franz Elias Schinnerl: Prinzipiell die Musik einfach sein zu lassen. Genau in ihrem Wesen existieren zu lassen. Es gibt kein großartiges Ziel, das da dahintersteht. Hauptsache ist es, der Musik Präsenz und Gegenwart geben zu wollen.

Joana Marialena Karácsonyi: Bei mir ist es ähnlich. Das Projekt ist momentan mein ein und alles! Deswegen ist für mich das Ziel eigentlich schon erreicht und es könnte noch ewig so weitergehen! Natürlich wäre es schön, wenn es noch größer wird bzw. andere Veränderungen kommen. Ich bin offen dafür.

Flora Marlene Dorothea Geisselbrecht: Dem kann ich grundsätzlich auch zustimmen. Konkret freut es mich gerade sehr, dass die Produktion des Albums abgeschlossen ist und die Stücke darauf sozusagen fertig sind. Für mich ist das jetzt so eine Art Zwischenstand nach fünf Jahren Arbeit und ich freue mich, dass wir ab jetzt wieder ganz neue Songs erarbeiten. Da kommen dann vielleicht wieder ganz andere, neue Facetten zum Vorschein. //

Interview: Robert Fischer

Fotos: Felix Hohagen