Das Interview mit Harald Pomper zur aktuellen Lage, oder: Wie es dazu kam, dass der Gag des Satirikers und Liedermachers jetzt in aller Munde ist.
Interview mit Harald Pomper
Kulturwoche.at: Die obligatorische Frage am Anfang: Wie geht's in der Quarantäne?
Harald Pomper: Für mich ändert sich nicht viel. Ganz am Anfang hieß es ja: Veranstaltungen über 100 Besucher_innen sind verboten, soziale Kontakte sind zu meiden. Ich dachte damals: Und was ist jetzt anders? Ich nenne es Alltag!
Ich hatte das Glück noch bei der Vorpremiere im wunderbaren Hob-i-Raum dabei zu sein (siehe Rezension auf Seite 2). Da wurde als Schutz gegen SAR-CoV2, vulgo Corona, der gute alte Kaffeefilter zu neuem Leben erweckt. Wie kam es dazu?
Harald Pomper: Ich hatte einfach die Idee, einen Kaffeefilter als Mundschutz zu benutzen. Ganz einfach mit zwei Löchern und zwei Gummiringerln. Natürlich war es satirisch gemeint, aber ich dachte schon, dass ein Kaffeefilter relativ stabil ist und die Tröpfchen beim Niesen, Husten oder Atmen zumindest verringern müsste. Ein deutscher Arzt hat die Idee aufgegriffen, da ein Kaffeefilter anscheinend wirklich etwas bringt. Inzwischen ist die Idee praktisch um die Welt gegangen und nationale und internationale Medien haben darüber berichtet.
Die Sache war ein super Gag! Nun, nachdem es in Österreich und anderen Ländern wie Deutschland, Maskenpflicht gibt, wird der Kaffeefilter nun tatsächlich als Alternative zur Maske gepriesen... Wie fühlt man sich da?
Harald Pomper: Ganz ehrlich? Mein Ego hätte sich zumindest in der BBC, der CNN und der ZIB 2 einen Beitrag erwartet. Eine Headline wie "Harald Pomper - Kabarettist rettet die Welt" hätte meinem Ego wirklich SEHR gefallen. Außerdem ist es auf diverse Ehrungen und Auszeichnungen eingestimmt. Irgendwo habe ich aber gelesen: "Your ego is not your amigo". Also im Ernst: Wenn meine kleine satirische Idee bei der Coronakrise ein bissl hilft, freut es mich natürlich.
Ist eine Produktion von Kaffeefiltermasken geplant? Die Wirtschaftsministerin Schramböck hat ja den Plan, die heimische Produktion massiv in die Höhe zu reißen. Falls ihre Vorstellung in der Realität nicht aufrechterhalten werden können... Help is on it‘s way?
Harald Pomper: Wenn Ministerin Schramböck auf den Zug aufspringt, befürchte ich Schlimmes. Sie hat ja auch den unheimlich "klugen" Satz gesagt "Gymnasien produzieren oft am Markt vorbei". Ich hoffe, dass sie sich einfach ungeschickt ausgedrückt hat und das nicht wirklich meint. Wenn ja, wäre es sehr bedenklich. Umfassend gebildete Menschen sind schlecht? Schulbildung ist nicht Allgemeinbildung sondern "nur" Ausbildung zu Arbeitskräften? Brrr...
Wie sind die weiteren Schritte? Verkaufsstand am Karlsplatz?
Harald Pomper: Nein, das Produzieren überlasse ich den Kaffeefiltererzeugern. Ich bin Künstler, ich liefere Ideen.
Der neue Termin für die Premiere ist am 28.10.2020 in der Kulisse. Was ist bis dahin? Wie sieht es mit finanzieller Hilfe aus?
Harald Pomper: Vermutlich werde ich ein neues Album aufnehmen. Mit Auftritten im Frühjahr rechne ich nicht mehr. Wenn wir wirklich bis Juli nicht spielen können, verlieren wir und ich natürlich einen großen Teil unseres Jahreseinkommens. Bei mir war es doppelt blöd, da ich die eigentliche Premiere ja am 26. März gehabt hätte und die Wochen davor praktisch nicht gespielt habe - weil ich eben in Vorbereitung war. Mal sehen, ob da ein Geld kommt. Immerhin haben wir ja Berufsverbot. Aber ich will nicht jammern. Die Gesundheit geht vor.
Was wäre das Horror-Szenario Post-Corona? Was wäre der Traum?
Harald Pomper: Das Horror-Szenario wäre, wenn die Leute sofort nach der Krise alles nachholen und shoppen und fliegen auf "Teufel-komm-raus". Wenn wir dann also noch immer nicht begriffen haben, dass weniger wirklich mehr ist und dieser Wachstumsglaube ein Irrglaube ist. Der Traum wäre umgekehrt, wenn dieser Shopping-, Reise- und exzessiver Fleischkonsumwahn aufhört, die Gesellschaft zur "Besinnung" kommt und entspannter lebt.
Wie immer eine eigene Frage, die gestellt werden darf...
Harald Pomper: Sollten außer "I am from Austria" noch andere Austropop-Hits von der Polizei gespielt werden?
Harald Pomper: Ja, der "Strandbrunzer-Tango" von Georg Danzer würde sich beispielsweise anbieten. //
Interview mit Harald Pomper: Nadia Baha
Fotos: Andi Bruckner (Seite 1), Hubert Mairhofer (Seite 2)
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So, und hier jetzt die Rezension zur Vorpremiere.
Harald Pomper - Das wird man wohl noch sagen dürfen
Das waren noch Zeiten! In Bad Vöslau vollführte Harald Pomper die Vorpremiere zu seinem neuen Programm "Das wird man wohl noch sagen dürfen". Jetzt sitze ich hier im Homeoffice und schreibe die Rezension - wann die Premiere sein wird, steht in den Sternen...
Ich habe es sicher schon erwähnt, aber es sollte unbedingt nochmals erwähnt werden: Harald Pomper ist einer der wenigen Kabarettist*innen und Songwriter*innen, der sich auch unbequemen Themen, abseits des Mainstreams annimmt. Das ist nicht selbstverständlich, aber umso wichtiger.
In seinem neuen Programm "Das wird man wohl noch sagen dürfen" lässt Pomper die Zuschauer*innen zuerst in dem Glauben: "Aha, diesmal wird es aber harmloser..." Doch dann, aus dem Ironiekammerl ums Eck, kommen die knallharten Pointen und es kann aufgeatmet werden: "Ah, eh wieder sarkastisch, genau beobachtet, einfach super." Manchmal bleibt auch die Luft weg, wenn der Satz zu wirken beginnt... Das ist die Macht der Worte!
Natürlich werden Themen wie Werbung, Klimawandel und die neuen Spielzeuge des Neoliberalismus, auch unter Alexa und Siri bekannt, gekonnt aufs Korn genommen und in ihrer Absurdität entlarvt. Auch die Leichtgläubigkeit, die manche Menschen beim Surfen im Internet an den Tag legen wird in einem Song verarbeitet. Meines Wissens, ist es der einzige Song, in dem die Reichsbürger (da wird nicht gegendert!) erwähnt werden. Sehr hörenswert!
Wie schnell sich die Zeiten und die Ideale und Visionen für eine bessere Welt ändern können, zeigt sich an der Geschichte, wie die kritisch-revolutionären Student*innen von gestern, die schmutzigen Kaffeehäferl einfach der "Putzfrau" zum Abwaschen lassen und heute vielleicht mit dicken SUVs durch die Gegend fahren.
So schnell kann ma zu "Braven Leuten" werden - ein weiterer Song, der im Programm von Harald Pomper zum Besten gegeben wird. Ein richtiger Hit und fast schon fröhlicher Melodie zum Mitsingen! Besonders beeindruckend ist die Performance zum unendlichen Wachstum, mehr sei aber hier noch nicht verraten...
Wer jetzt schon neugierig auf das Programm ist: Vorfreude ist wirklich auch schön! Noch eine Anmerkung: Panik hilft nie! Aus eigener Erfahrung hilft gegen SARS-CoV-2 (so heißt's offiziell) H3: Humor, Herz & Hirn! Gesundes Essen hilft immer! Also: Mahlzeit & Gesundheit! - Das wird man wohl noch sagen dürfen! //
Text: Nadia Baha
Fotos: Andi Bruckner (Seite 1), Hubert Mairhofer (Seite 2)
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Harald Pomper
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