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Der Film geht sehr verständnisvoll und doch schonungslos mit einem Phänomen unserer Gesellschaft um: Wann erwacht Sexualität, was darf sie, was nicht? Und: Wie wird die entdeckte Lust in das Leben des "Erwachsenen" integriert? Von Stephanie Lang.
 

The Woodsman ist ein hervorragender leiser Film über ein schwieriges Thema. Die Geschichte lässt sich schwer mit Worten erzählen. So erleben wir in kurzen 87 Minuten die Stärke des Mediums Film: denn manche Dinge vermitteln sich nur durch Beobachtungen, Handlungen, Lieder und Visionen.

Dieser Film ist alles andere als einfach. Er geht sehr verständnisvoll und doch schonungslos mit einem Phänomen unserer Gesellschaft um: Wann erwacht Sexualität, was darf sie, was nicht?! und wie wird die entdeckte Lust in das Leben des "Erwachsenen" integriert?!

In einem Gespräch des gerade entlassenen amerikanischen Pädophilen Walter (Kevin Bacon) mit seinem Schwager Carlos (Benjamin Bratt), sagt der verheiratete Mann, Carlos: "Natürlich möchte ich manchmal mit einer schönen Frau schlafen. Am Wochenende wäre ich allein im Haus, du verstehst?!?" Walter schweigt. Später schwärmt der Vater, Carlos: "Ich liebe meine Tochter." - Walter: "Ach ja?" - "Ich liebe sie über alles." - "Nur nicht zu sehr." - - "Wenn Du einmal meine Tochter anfasst, bring ich dich um!"
Fragt man Walter, wie es ihm geht, sagt er: "Okay." Mehr nicht. Fragt ihn sein Psychotherapeut, was für ihn "normal sein" bedeutet, sagt er: "Nicht darüber nachzudenken, was normal ist, wäre normal."

Kevin Bacon ermöglicht uns, durch seine hochsensible Darstellung dieser schwierigen Rolle, einen Einblick in die Sichtweisen des Täters, ohne ihn sofort verurteilen zu können. Er ist ein Monster, das weiß er. Die Folgen von sexuellem Missbrauchs Minderjähriger werden ihm und dem Publikum in einer sehr berührenden Szene von Sergeant Lucas (Mos Def) klar vor Augen geführt. Doch es ist nicht die einzige Form des Missbrauchs, die alltäglich stattfindet. Auch die gepflegte Gesellschaft um ihn herum, ist nicht sauber. Die Frage bleibt überall nur: wo ist der Schwächere? Wer kann sich nicht wehren? Zum Glück gibt es eine Frau an Walters Arbeitsplatz, Vickie (Kyra Sedgwick), die sich wehren kann und es auch tut. Und das verbreitet Hoffnung. Nicht nur für Wawoodsman_bacon_sedgwicklter.

The Woodsman ist der Debütfilm der Regisseurin, Nicole Kassell, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Steven Fechter, der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat. Ein kompromissloser Einstieg von einer mutigen Frau - ermöglicht von einem hervorragenden Produzenten: dem Afroamerikaner Lee Daniels. Man beachte die Besetzung der Rollen, und wird feststellen, dass endlich nicht mehr die Hautfarbe und/oder das Geschlecht darüber entscheidet, ob ein Charakter zu den Guten oder den Bösen, zu den Privilegierten oder Unterdrückten gehört. Man sieht lauter buwoodsman_pikes_baconntgemischte Menschen, die alle verschiedene Seiten haben. Das wäre - medial zumindest - geschafft.

Jetzt müssen nur noch Männer und Frauen es schaffen - medial zumindest -, sich gegenseitig zu begehren, so wie sie wirklich sind: nicht kleiner und nicht größer - nicht älter und nicht jünger - nicht dicker und nicht dünner.

Denn wie das junge Mädchen Robin (Lynn Reusse) am Ende des Films so schön sagt:
"Die Vögel lieben es angeschaut zu werden. --- Solange sie wissen, dass Du sie nicht verletzt." (Stephanie Lang; 2005)

Filminfo:
Im Verleih von TOBIS Film

woodsman_plakatLänge: 87 Minuten
Regie: Nicole Kassell
Drehbuch: Steven Fechter und Nicole Kassell
Kamera: Xavier Perez Grobet
Schnitt: Brian A. Kates und Lisa Fruchtman
Musik: Nathan Larson

Darsteller:
Kevin Bacon
Kyra Sedgwick
Mos Def
Benjamin Bratt
David Alan Grier
Michael Shannon
Hannah Pikes