Die finnische Regisseurin Ulrika Bengts bringt mit "Iris" einen geschickt inszenierten Film über eine junge Großstädterin, die sich mit ihrer ländlichen Herkunft anfreunden muss, zum 24. Internationalen Kinderfilmfestival Wien.
Die Handlung ist im Jahr 1890 angesiedelt und spielt auf den Åland Inseln. Dorthin wird die 8-jährige Iris von ihrer Mutter zu deren Bruder, einem eher ärmlichen Bauer und Postschiffer, geschickt, was Iris überhaupt nicht gut findet. Viel lieber würde Iris nämlich ihre Mutter Helena, einer erfolgreichen und emanzipierten Kunstmalerin, zur Ausstellung nach Paris begleiten. Iris empfindet diese unfreiwillige Auszeit von ihrem mondänen Leben als Strafe und denkt sich, gewissermaßen als Strafe für ihre Mutter, abenteuerliche Geschichten aus.
I do not usually socialize with other children
So erzählt sie den Insulanern, dass nicht nur ihre Mutter tot sei, sondern auch ihr Vater während einer Polarexpedition einem Eisbären zum Opfer fiel. Hinzu kommt, dass Iris eigentlich nicht sehr gerne mit anderen Kindern Umgang pflegt, oder wie man sie im Film an einer Stelle sagen hört: "I do not usually socialize with other children...". Nur langsam freundet sie sich mit den Gegebenheiten auf der Insel und mit Gleichaltrigen an. Poetische Momente gehen in diesem Film einher mit einer feinen Ironie, darüber hinaus kann der fantasievoll ausgestattete Kostümfilm mit überraschenden Wendungen aufwarten und mit einem wahrlich beeindruckenden Schauspielerensemble. "Es war einfach und lustig mit den Kindern zu arbeiten, aber es war sehr schwierig eine Hauptdarstellerin zu finden, da sie in den meisten Szenen sehr stark präsent ist", meint Regisseurin Ulrika Bengts über die Situation bei den Dreharbeiten der frei erfundenen Geschichte. "Als erstes", so Bengts, "haben wir die Kinder der Aland-Inseln gecastet. Das waren nicht viele, da die Aland-Inseln nur 28000 Einwohner haben. Danach suchten wir in ganz Finnland. Letztendlich haben wir Agnes Koskinen, die Darstellerin von Iris, als dritte von allen gecastet." Mit Agnes Koskinen wurde ein echter Volltreffer gelandet.
I am an important person
Die junge Schauspielerin besticht durch großartige Mimik und sensibler Körpersprache, nicht zuletzt wie sie die Transformation vom verzogenen und überheblichen frühreifen Großstadtmädchen zum Kind, das sie ja ist, vollzieht. Die schwierige Tochter-Mutter-Beziehung löst sich dabei letzten Endes genauso auf wie all ihre Lügengeschichten entknotet werden. Nebenbei lüftet Iris ein Familiengeheimnis, das ihre Mutter jahrelang vor ihr und der Welt verborgen hielt. Wunderbare Kamerafahrten und gelungene Einflechtungen von Traumsequenzen sorgen für jede Menge Mystery, Spannung und Lebendigkeit. Ein großartiger, kluger Film mit starken psychologischen Elementen und viel Charme, der sich gekonnt mit einer scheinbaren Bullerbü-Idylle und den Schwierigkeiten der Frauenemanzipation im ausgehenden 19. Jahrhundert auseinandersetzt. Sicherlich einer der ganz großen Höhepunkte des Kinderfilmfestivals 2012, der übrigens auch auf DVD (schwedisch mit englischen Untertiteln) erhältlich ist. "Iris" ist aber möglicherweise auch ein Film, der polarisiert, oder wie Regisseurin Ulrika Bengts auf die Frage wie die Reaktion in Finnland war, antwortete: "Die einen liebten diesen Film und die anderen nicht." (Text: Manfred Horak; Fotos: Interprod Oy)
Kinderfilmfestival 2012
CINE CENTER (Sonntag / 18.11. / 11 Uhr)
CINEMAGIC (Donnerstag / 22.11. / 9 Uhr)
VOTIV KINO (Sonntag / 25.11. / 11 Uhr)
Film-Tipp:
Iris
Bewertung: @@@@@@
Altersempfehlung: 10+
Regie: Ulrika Bengts
Drehbuch: Annina Enckell
Mit: Emmi Pesonen (Helena), Agnes Koskinen (Iris), Maria Salomaa (Ester), Oskar Pöysti (Samuel), Magnus Krepper (Bruno), Marika Parkkomäki (Jolanda), Eleonora Andersson (Sofia), Robert Enckell (Postmeister)…
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